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teiligten Staaten beschickte Kommission in Novibazar zu-
sammengetreten, um die dortigen Grenzen endgültig abzu-
stecken. Bei den widerstreitenden Interessen aller Beteiligten
ließ sich an Ort und Stelle, gewissermaßen nach dem Augen-
schein, besser das Richtige treffen. Da verlangte Rußland
plötzlich in drei persönlichen Briefen des Zaren aus Livadia
an den Kaiser Wilhelm, daß der deutsche Vertreter in dieser
Grenzregulierungskommission immer das tue, was der russische
wolle und verlange. Ich gebrauchte damals die Kur von
Gastein, welche bekanntlich ohnehin eine erhebliche Erregung
der Nerven erzeugt, und kam infolge der außerordentlichen
Aufregung und Arbeitsfülle, welche diese Zarenbriefe und
die daran sich schließenden weiteren Ereignisse verursachten,
fast ganz um meine Kur. Denn obwohl ich meine beiden
Söhne in Gastein bei mir hatte und mit ihnen von
früh bis spät arbeitete, um die Sache zu bewältigen, war-
teten dabei noch immer drei bis vier Feldjäger auf Ab-
fertigung.
Kaiser Wilhelm hatte mir die Zarenbriefe jedesmal sofort
mitgeteilt und auf meinen dringenden Rat auch die Zu-
mutungen des Neffen abgelehnt, obwohl diese in immer
schrofferer und drohenderer Form auftraten. Denn zuletzt
schrieb der Zar etwa: die Einwilligung des Kaisers Wilhelm
in die Forderung des Zaren sei die Voraussetzung für das
fernere Fortbestehen des Friedens zwischen beiden Staaten
und Völkern usw. Ich erklärte darauf meinem kaiserlichen
Herrn ungefähr: wenn diese Worte in einer amtlichen russischen
Staatsschrift stünden, so würde für mich nichts übrig bleiben,
als Sr. Majestät zu raten, die deutschen Heerkräfte gegen
Rußland mobil zu machen. Ich bitte daher Seine Mojestät,
den Zaren ersuchen zu wollen, diese Angelegenheit fernerhin
auf amtlichem Wege behandeln zu wollen.
Auch diesem meinem Antrage gab der Kaiser statt. Ein
Zerwürfnis mit dem kaiserlichen Neffen von Rußland aber