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Friedrichsruh, 24. März 1894.
„Unterredung mit Eugen Wolf, betreffend Land-
wirtschaftliches, Bismarcks Nervenschmerzen und
deren Ursache.“
Nachdem Bismarck im Verlauf seiner Waldpromenade
den Wunsch geäußert hatte, sich etwas zu setzen, kam er
auf eines seiner Lieblingsthemata, die Landwirtschaft zu sprechen,
auf den Stand der Wintersaaten, auf seine alten Bäume im
Sachsenwald, auf den Sonnenuntergang im Winter, den er
von dieser Bank aus so häufig beobachtet habe, und auf
den abgestorbenen gegenüberstehenden Baum, den er deshalb
nicht abhauen lasse, weil sich auf demselben allabendlich um
diese Stunde die Stare sammelten, von denen er jeden einzelnen
kenne. „Es sind ihrer erst fünf, und es müssen sieben sein.
Der Anführer kommt zuletzt, und er setzt sich regelmäßig
auf den höchsten dürren Zweig, dann bekomme ich mein
Abendständchen. Wie glücklich sie sind! Sie wissen nichts
von den Sorgen dieser Welt; sie sind gut gefüttert, lieben
diejenigen, die gut zu ihnen sind, und sind ihnen dafür dankbar.
— OIch kann die Entfernungen, die ich noch vor ein paar Jahren
zurücklegte, nicht mehr bewältigen.“
Auf die Stare deutend, die sich zum Wegflug rüsteten:
„Sie gehen schlafen und stehen auf ohne die Schmerzen, die
mich so sehr plagen.“
Inzwischen wurde es kühl, Bismarck hielt ein paar Mal
das Taschentuch an die Backe. Wolf sprach die Hoffnung
aus, daß er doch endgültig pon diesen Schmerzen befreit
werden möchte.
Bismarck: „Das ist ausgeschlossen, diese Nervenschmerzen
behalte ich, das ist die Beigabe meiner vierzigjährigen Tätig-
keit im Amte. Ich habe so oft im Leben der Gefahr ins
*) Eugen Wolf: „Vom Fürsten Bismarck und seinem
Hause“, S. 141.
v. Poschinger, „Also sprach Bismarck"“, Band III. 17