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auch wenn sie gemeinschaftliches wollten, bei uns nicht die
genügende Stärke, um ihre Politik ohne jeden erkennnbaren
Beistand der Regierung durchzuführen. Wenn die Regierung
ihrerseits eine bestimmte Richtung einnimmt, so können die
Parteien sich an diesem Schleifsteine schärfen und stärken,
und zwar nicht bloß in Anlehnung, sondern, wenn es sein
muß, auch im Kampfe gegen die Regierung, z. B. in Ver-
tretung der Rechte des Parlaments.“
In diesem Zusammenhang entwickelte dann Bismarck die
Notwendigkeit der Wahl von möglichst vielen unabhängigen
und festen Männern für den künftigen Reichstag. Nament-
lich empfahl er die Wahl von solchen Männern aus der
nationalliberalen Partei. „Diese sollte sich die strenge Wah-
rung des parlamentarischen Bodens der oppositionellen Be-
rechtigung mehr angelegen sein lassen, also im Grunde sich wieder
mehr dem Prinzip zuwenden, dem sie als Partei ihren Ur-
sprung und ihre Erfolge zu danken hat. Es ist ein Ariom,
das alle politischen Größen zu ihrem weiteren Leben des
Elementes nicht auf die Dauer entbehren kömen, dem sie
entsprungen sind. Wenn es für die nationalliberale Partei
einen Jungbrunnen gibt, so ist es der der strengen Verfassungs-
mäßigkeit der Vertretung der parlamentarischen Rechte gegen-
über der Regierung und der Bureaukratie.“,)
*) Von den zahlreichen Bismarck-Anekdoten, die jetzt in
den Blättern zu lesen waren, beruhten viele auf Erfindung; so
verhielt es sich z. B. auch mit den folgenden: Man behauptete,
daß Bismarck ein entschiedener Freund der Radfahrer und Rad-
fahrerinnen gewesen sei. „Wäre ich nicht schon zu alt, ich würde
es gern selbst noch erlernen.“ Seiner Sympathie für den Sport
gab er, so lautet eine im „Illustrierten Wiener Tageblatt“ Nr. 212
vom 3. August 1898 gebrachte Anekdote, namentlich einer Dame
aus Hamburg gegenüber Augdruck, die einen Ausflug nach dem
Sachsenwalde unternahm und ganz unversehens dem sie wohl
kemmenden Fürsten begegnete. Als sie von ihrem Stahlroß ab-
gestiegen war, soll der Fürst sich die sportsmäßig gekleidete Dame