— 363 —
sachen der Beklemmungen. Auf seinen Wunsch blieb Bis—
marck an diesem Tage zu Bett.“)
Die Nacht zum Donnerstag den 28. verlief ohne größeren
Anstoß und da sich Bismarck am Tage wohl genug fühlte,
um aufzustehen und sich in sein Arbeitszimmer fahren zu
lassen, so redete ihm Schweninger zu, sich auch den Seinen
beim Diner zu zeigen und dadurch selbst ihnen die frohe
Botschaft seines Wohlbefindens zu bringen. Bismarck speiste
also im Kreise seiner Familie, rauchte dann mit vollem Be-
hagen seine Pfeife und würzte mit dem glücklichsten Humor
alle seine Erzählungen. Schweninger hatte ihm seit längerer
Zeit zum erstenmal wieder Sekt erlaubt, und der Schaum-
wein übter seine belebende Kraft auf Körper und Geist.
„Was lieber Schweninger, ich darf wieder Sekt trinken?“ —
„Gewiß Durchlaucht!“ Er blieb im Kreise der Seinen bis
Mitternacht und antwortete auf Schweningers Mahnung, daß
es Zeit für ihn sei, zur Ruhe zu gehen, mit der Frage:
„Wozu so früh?“
Um 10 Uhr abends sagte Chrysander zu Kohl vor dem
Parktor: „Schweninger ist doch der Beste; gestern fürchtete
ich, es ginge zu Ende, und heute sitzt der Fürst drüben im
Salon und ist aufgeräumt, wie wir ihn seit Wochen nicht
gesehen haben.“ Schweninger reiste noch in der Nacht, völlig
beruhigt ab, um einen schwer kranken Patienten in Sachsen
zu besuchen; er versprach, am Samstag wieder zu kommen
und versicherte jedem, daß auch für die nächsten Wochen
keinerlei Gefahr bestünde. Bismarck selbst hatte zu ihm ge-
sagt: „Gehen Sie nur, ich bin ja in guten Händen.“ Unter
diesen Umständen lachten Chrysander und Kohl über die
schlimmen Nachrichten, die in Extrablättern des „Berliner
Lokal-Anzeigers“ und anderer Zeitungen verbreitet wurden.
*) Schweninger hatte am 27. Juli der „Täglichen Rund-
schau“ telegraphiert: „Alles Unsinn, Schlaf gut, sonstiges Be-
finden unverändert.“