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4 Uhr aus. Als er dem Wagen entstiegen, trat ihm ein Zet-
tel-Verteiler entgegen, und reichte ihm einen Stimmzettels.
Bismarck sah denselben prüfend an und bemerkte: „Ist das
auch der konservative?“ Dann faltete er den Zettel zusam-
men, schritt über den Hof, trat an den Wahltisch heran und
redete die Herren mit den Worten an: „Wie lange sitzen
Sie heute schon hier?“ Wahlvorsteher, Bankier Köhne: „Seit
9½ Uhr.“ „Das ist ein langes Amt, — mein Amt hier
ist kürzer. Sind das dieselben Herren, welche vor drei Jahren
im Leipziger Garten waren? Nächstes Mak werden wir uns
wohl nicht wieder sehen!“ Bankier Köhne: „Wir wollen
es doch hoffen und wünschen.“ Bismarck: „Bei 75 Jahren?
Und 5 Jahre ist eine lange Zeit!“
Berlin, 25. Februar 1890.
Unterredung mit Kaiser Wilhelm II., betreffend eventuelle
Maßregeln zur Durchbringung der Militärvorlage im Reichs-
tag.“)
—.
*) Oberstudienrat Dr. Egelhaaf erklärt in der „Deutschen
Tageszeitung“ Nr. 376 vom 12. August 1908: Was ich in
meinem Werke „Geschichte der neuesten Zeit“ auf Grund einer
durchaus zuverlässigen Quelle allein gesagt habe, ist, daß der Kaiser
am 25. Februar 1890, als Bismarcks Rücktritt erwogen wurde,
die Erwartung aussprach, daß Bismarck vorher ihm noch helfe,
die Verdy'sche Militärvorlage durchzubringen. Darauf antwortete
Bismarck, daß das nicht leicht fallen werde; es werden eine oder
auch zwei Reichstagsauflösungen nötig werden; ja alleräußersten
Falles müsse man die Bundesfürsten nach Berlin einladen, um
mit ihrem Einvernehmen die Reichsverfassung im Punkte des
Wahlrechtes, und wo es sonst vielleicht noch nötig sei, abzu-
ändern. Nach meiner Quelle hat also Bismarck nicht nach einem
Konfliktsstoff gesucht, um das von ihm schon als unerträglich
angesehene allgemeine Wahlrecht auf alle Fälle zu beseitigen,
sondern er hat daran nur als alleräußersten Fall gedacht.
Dazu bemerkte die „Deutsche Tageszeitung“: „Auch wir haben
immer hervorgehoben, daß Bismarck gegebenenfalls bereit ge-
v. Poschinger, „Also sprach Bismarck“, Band III. 4