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Ich bin überhaupt nicht verpflichtet, Sr. Majestät alle
Berichte, die mir zugehen, vorzulegen, und ich habe unter
diesen die Wahl, je nach dem Inhalte, für dessen Eindruck
auf Se. Majestät ich glaube die Verantwortung tragen zu
können. Die fraglichen Berichte waren sämtlich nur für den
Generalstab von Interesse und auch für diesen meist veraltet.
Ich habe nach bester Einsicht eine Auswahl für Se. Moajestät
getroffen und finde in dem Handschreiben ein unverdientes
kränkendes Mißtrauen.
Bei meiner noch jetzt unerschütterten Auffassung von den
friedlichen Absichten des Kaisers von Rußland bin ich aber
außer stande, Maßnahmen zu vertreten und in Oesterreich
zu veranlassen, wie Se. Moajestät es verlangt.“)
Berlin, 20. März 1890.
Unterredung mit Moritz Busch, betreffend die Ver-
öffentlichung von drei Briefen Bismarcks an den Kaiser
Wilhelm I., auch einiger Artikel, Empfehlung der „Nord-
*) Die „Braunschweiger Landes-Zeitung“ teilte auf Grund
eigener Kenntnis der damaligen Vorgänge noch folgendes mit:
„Der Konsul hatte von auffälligen Truppentransporten nach der
Grenze hin berichtet und dadurch den Verdacht erregt, daß
in Rußland insgeheim feindselige Pläne gesponnen würden. Da
der Kaiser von diesem Berichte Kenntnis erhalten hatte, erließ
er an den Fürsten Bismarck den Befehl, eine Note nach St. Peters-
burg zu richten, in der über die Bedeutung dieser Truppen-
bewegungen Aufschluß verlangt werden sollte. Gleichzeitig aber
erhielt der Große Generalstab Weisung, auf Gegenmaßregeln
in der gedachten Richtung Bedacht zu nehmen. Bismarck ließ
bei letzterem über die Bedeutung der angeblichen verdächtigen
Truppenbewegungen Erkundigungen einziehen und erfuhr nun,
daß es weiter nichts als Märsche von vereinzelten Truppenteilen
zu den regelmäßigen alljährlich wiederkehrenden Uebungen wären,
die man wegen des Mangels an Bahnverbindung zu Fuße hatte
ausführen lassen. Der Große Generalstab hatte diese Bewegungen
sehr wohl gekannt und richtig gedeutet.“