Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Abgeordnetenhaus. 7 
zu den bestimmten Wahlstunden des 
Wahltages, welcher von dem Minister des 
Inneren festzusetzen ist, Wahl-V 17, in 
ortsüblicher Weise zusammenberufen, 
wobei zugleich die Wahllokale und die 
Namen der Wahlvorsteher und ihrer Stell- 
vertreter bekanntzumachen sind, Regle- 
ment 10. Die Wahl der Wahlmänner, 
welche durch Stimmgebung zu Protokoll 
erfolgt, Wahl-V 21, kann in der Form der 
Termins- und Fristwahl erfolgen. Die 
Fristwahl (Abstimmung in einer nach An- 
fangs- und Endtermin festzusetzenden Ab- 
stimmungsfrist) findet in Gemeinden, 
deren Zivilbevölkerung nach der letzten 
Volkszählung mindestens 50 000 beträgt, 
statt — an Stelle der Abstimmung in ge- 
meinschaftlicherVersammlung der Urwäh- 
ler zu bestimmter Stunde (Terminswahl). 
Abteilungen, die 500 oder mehr Wähler 
zählen, können in Abstimmungsgruppen 
geteilt werden. Auf den Antrag des Ge- 
meindevorstandes kann der Minister des 
Inneren anordnen, daß bei der Wahl der 
Wahlmänner die Abstimmung auch in Ge- 
meinden mit 50000 oder mehr Einwoh- 
nern in der Form der Terminswahl oder 
in Gemeinden mit geringerer Einwohner- 
zahl in der Form der Fristwahl vorzu- 
nehmen ist, $ 3 Gesetz vom 28. Juni 
1906. Die Wahl erfolgt nach absoluter 
Mehrzahl der Stimmen. Über die Gültig- 
keit der Wahlstimmen entscheidet der 
Wahlvorstand, Reglement 16. Soweit 
sich bei der ersten Abstimmung absolute 
Stimmenmehrheit nicht ergibt, erfolgt 
engere Wahl. Bei Stimmengleichheit ent- 
scheidet das Los, Reglement 17. Erklärt 
der gewählte Wahlmann nicht innerhalb 
3 Tage die vorbehaltlose Annahme, so 
gilt die Wahl als abgelehnt, Reglement 18. 
In diesem Falle erfolgt eine Ersatzwahl. 
Die Wahlmänner wählen den Abgeord- 
neten unter Leitung eines von dem Regie- 
rungspräsidenten, in Berlin von dem 
Oberpräsidenten, Reglement 23, ernann- 
ten Wahlkommissars. Dieser beruft die 
Wahlmänner mittels schriftlicher Ein- 
ladung zur Wahl der Abgeordneten, 
Wahl-V 27. In Wahlbezirken, in welchen 
die Zahl der Wahlmänner 500 oder mehr 
beträgt, ist auf Anordnung des Ministers 
des Inneren die Wahl des Abgeordneten 
in Gruppen der Wahlmänner vorzuneh- 
men. Auch kann an Stelle dieser Bestim- 
mungen von dem Minister unter den glei- 
chen Voraussetzungen angeordnet wer- 
  
den, daß in dem Wahlbezirke die Ab- 
stimmung bei der Wahl der Abgeordneten 
in der Form der Fristwahl stattfindet, $ 4 
Abs. 1 des Gesetzes vom 28. Juni 1906. 
Der Wahlkommissar hat die Verhand- 
lungen über die Urwahlen zu prüfen. Er- 
achtet er einzelne Wahlakte für ungültig, 
so entscheidet über die Gültigkeit der 
Wahlmännerwahlen endgültig die Ver- 
sammlung der Wahlmänner, — wo Grup- 
pen der Wahlmänner gebildet sind, die 
Gruppe, zu welcher der Wahlmann ge- 
hört, dessen Wahl beanstandet ist, — wo 
Fristwahl stattiinde, der Wahlvorstand 
mit Stimmenmehrheit. Bei Stimmen- 
gleichheit ist der Wahlmann zur Wahl 
der Abgeordneten zuzulassen. Nach Aus- 
schließung derjenigen Wahlmänner, deren 
Wahl für ungültig erklärt ist, ist sofort 
zum eigentlichen Wahlgeschäfte zu schrei- 
ten, Wahl-V 27, 8 4 Abs. 2 des Gesetzes 
vom 28. Juni 1906. Die Wahlen der Ab- 
geordneten erfolgen durch Stimmgebung 
zu Protokoll und nach absoluter Stimmen- 
mehrheit. Ergibt sich bei der ersten Ab- 
stimmung keine absolute Mehrheit, so 
wird zu einer engeren Wahl geschritten, 
Wahl-V 30. Erklärt der Gewählte nicht 
innerhalb einer Woche die vorbehaltlose 
Annahme der Wahl, so gilt diese als ab- 
gelehnt, Reglement 30. In diesem Falle 
ist sofort zu einer neuen Wahl zu schrei- 
ten. Über die Gültigkeit der Wahlen ent- 
scheidet das Haus der Abgeordneten, V 78 
Abs. 1. 
Das aktive Wahlrecht ist an folgende 
Bedingungen geknüpft: 1. preußische 
Staatsangehörigkeit, 2. Vollendung des 
24. Lebensjahres, 3. Selbständigkeit, 
4. Vollbesitz der bürgerlichen Rechte, 
5. sechsmonatlicher Wohnsitz oder Aufent- 
halt in der Gemeinde, wo das Wahlrecht 
ausgeübt werden soll. Das Wahlrecht ist 
ausgeschlossen, wenn der Wähler aus 
öffentlichen Mitteln Armenunterstützung 
erhalten hat, Wahl-V 8. Ferner ruht das 
Wahlrecht für die zum aktiven Heere ge- 
hörigen Militärpersonen mit Ausnahme 
der Militärbeamten, $ 49 Abs. 1 des 
Reichsmilitärgesetzes vom 2. Mai 1874. 
Bezüglich des Begriffes „Selbständigkeit‘‘ 
führt eine Zirkularverfügung des Mini- 
sters des Inneren vom 20. Dezember 1848 
(MBI für die ges. innere Verw. 362—363) 
unter Bezugnahme auf einen Beschluß des 
Staatsministeriums vom 19. Dezember 
1848 (a. a. ©. 361) folgendes aus: Die
	        
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