Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

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nie, welche die einzelnen Spuren oder, ge- 
nauer gesagt, ihren Mittelpunkt miteinan- 
der verbindet) und der „Fußwinkel‘“, in 
welchem die Spur von der Grenzlinie ab- 
weicht, weitere Aufschlüsse. Aus der 
Schrittweite läßt sich annähernd die Kör- 
pergröße feststellen, ein Hinken ist durch 
die verschiedene Länge der einzelnen 
Schritte kenntlich, wobei in dem größeren 
Schritt die vordere Spur von dem gesun- 
den, die rückwärtige von dem hinkenden 
Beine herstammt. Die Ganglinie ist für 
gewöhnlich gerade, bei Seeleuten, alten 
und dicken Personen, Schwangeren, 
Bruch- und Podagraleidenden und sonsti- 
gen Personen, die vorzugsweise auf ei- 
nen sicheren Weg sehen, gebrochen; bei 
diesen pflegt auch der Fußwinkel erheb- 
lich größer zu sein als bei normalen Men- 
schen. Betrunkene, Schwerverletzte, Para- 
Iytiker hinterlassen charakteristische Fähr- 
ten, und so lassen sich noch zahlreiche 
Schlüsse aller Art aus den Fährten ziehen. 
Oft ist es schon für die Untersuchung 
wichtig, zu wissen, wo der Täter gestan- 
den hat, wo er langsam gegangen, wo ge- 
laufen, wo geschlichen ist. All dies läßt 
sich aus den Fährten erkennen. Außer 
Spuren im Erdboden werden auch oft Spu- 
ren im Grase gefunden. Diese können le- 
diglich durch die Photographie erhalten 
werden. Ihre Größe und Form gestattet, 
namentlich in hohem Grase, keine siche- 
ren Schlüsse auf Form oder Größe des 
erzeugenden Fußes, da die Halme in der 
verschiedensten Weise geknickt werden 
und die Spur dabei alle möglichen Formen 
  
Fußspuren — Gaius. 
annehmen kann. Außer Fs können auch 
Huf-, Wagen-, Automobil- und Fahrrad- 
spuren von Bedeutung sein, namentlich 
die letzteren, da das Radfahren überall, 
auch in weniger bemittelten Kreisen, stark 
verbreitet ist und Einbrecher auf dem Lan- 
de, Wild- und Holzdiebe und zahllose an- 
dere Verbrecher sich sehr oft des Fahr- 
rades bedienen. Die Konservierung der- 
artiger Spuren erfolgt ebenfalls durch Be- 
schreiben und Messen, Abzeichnen, Pho- 
tographieren und, wenn möglich, durch 
Abformen. 
Hugoulin Annales d’hygiene publique, 1850/55; 
Caussde ebenda 1854; Zenker Die Fußspuren des 
Menschen, Vierteljahrsschrift f. gerichtl Medizin 80 1, 1879; 
Hodann Über ein Verfahren, die äußeren Spuren des 
Verbrechens plastisch darzustellen, Goltdammers Archiv 
für preuß Strafrecht 15, 1867; Schauenstein Unter- 
suchung der Spuren von Fußtritten und Werkzeugen in 
Maschkas Handbuch der gericht! Medizin 1, 1881; Hans 
GroB Handbuch für Untersuchungsrichter, 08; Friedrich 
Paul Handbuch d. kriminalistischen Photographie, Berlin 
00; Otto Klatt Die Körpermessung der Verbrecher, Berlin 
02 (mit genauen Anweisungen für das Abformen der Spuren 
in Gipe); Gendarmerieschule Wohlau Die Er- 
forschung strafbarer Handlungen, 08; R. A. Reiß La 
photographie judiclaire, Paris 03; Albert Weingart 
riminaltaktik, Leipzig 04; Niceforo-Lindenau Die 
Kriminalpolizei und ihre Hilfewissenschaften, Gr.-Lichter- 
felde-Ost 09; meine Abhandlungen: Die Photographie von 
Fußspuren und ihre Verwertung für gerichtliche Zwecke, 
Groß’ Archiv 16 (04); Über die kriminalistische Bedeutung 
von Fahrradspuren, ebenda 19 (05); Die Photographie im 
Dienste des Jagdschutzes, Ztschr Die Jagd 8 (07) Nr 50/51. 
Anuschat. 
Fußwege s. Wege. 
Fustel de Coulanges, Numa Denis, 
* 18. März 1830 zu Paris, F 12. Sept 1889 
in Massy. 
Er veröffentlichte u. a. La cit€ antique, Paris 
64 (endgültige Ausgabe: 7e Edition, 79), und 
Histoire des institutions politiques de l’an- 
cienne France, Paris 75, IV (neue Ausgabe nach 
der Handschrift und den handschriftlichen 
Noten des Verfassers herausg von C. Jullian, 
Paris 92). Bogens. 
G. 
G Abkürzung für Gerichtsverfassungs- 
gesetz. 
gabella emigrationis s. Abfahrts- 
geld. 
gabella hereditaria s. Abschoß. 
Gabelweihen nicht jagdbar: s. jagd- 
bare Tiere und Reichsvogelschutzges vom 
30. Mai 1908, RGBI 314. Stelling. 
Gage (SeeR) ist das Gehalt des Schif- 
fers (s. d.) ;— des Schauspielers (s. Dienst- 
vertrag). 
Gail (Geyl, Gayli), Andreas, * 1526 in 
Köln, war von 1558 (durch den Kurfürsten 
von Trier präsentiert) bis 11. Sept 1568 
Beisitzer des Reichskammergerichts. Seit 
1569 lebte er als Reichshofrat (und seit 
  
1571 als Referendarius des Hofrats) in 
Wien, war aber vielfach mit wichtigen 
diplomatischen Sendungen beauftragt. 
Nachdem er noch 1583 als Kaiserlicher 
Kommissar an der Visitation des Reichs- 
kammergerichts teilgenommen hatte, zog 
er sich in das Privatleben zurück und 
11. Dez 1587 in seiner Vaterstadt. 
Sein Hauptwerk: Practicarum observatio- 
num tam ad processum judiciarium praesertim 
imperialis camerae, quam causarum decisiones 
pertinentium libri duo, Köln 1578 (1580, 1581, 
Ausgabe letzter Hand 1586) u.ö., wurde bald 
von weitreichendem Einfluß aut die Praxis, 
mit ihm wurde er (neben seinem bedeuten- 
deren Rivalen Mynsinger, s. d.) der Begründer der 
Kameraljurisprudenz. Bogene. 
Gaius, römischer Jurist, der uns nur
	        
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