62 Fas Benuische Reich und seine einzelnen Glieder. (April 29.—30.)
wolle den Wunsch aussprechen, daß die außerordentlichen Gewalten, welche
nach § 2 des Gesetzes vom 4. Juli 1879 dem Statthalter übertragen seien,
baldmöglichst aufgehoben und daß das deutsche Reichs-Preßgesetz in Elsaß-
siätheaen eingeführt werde. Die Annahme des Antrages erfolgt ein-
timmig.
29. April. Rückkehr des Kaisers nach Potsdam.
30. April. (Preuß. Herrenhaus.) Beratung und Ab-
lehnung des Lehrergesetzes.
Oberbürgermeister Zweigert-Essen hat Bedenken gegen das im
Gesetz vorgeschlagene System der Alterszulagen. Die Alterszulagenkasse,
wie sie die Regierung vorschlage, sei unmöglich eine Gemeindeanstalt, denn
alles liege in den Händen der Regierung, und den Gemeinden stehe nur
die Anfechtung im Verwaltungsstreitverfahren zu. Die Vorlage sei, wie
das Ruhegehaltskassengesetz, unzweifelhaft eine neue Etappe auf dem kon-
sequent verfolgten Wege zur Staatsschule; denn durch die Alterszulage-
kassen werde jedes persönliche Verhältnis der Lehrer zu den Gemeinden
völlig aufgehoben. Die meisten Gemeinden würden einfach dazu kommen,
lediglich das zu thun, was das Gesetz vorschreibe, aber keinen Pfennig
darüber hinaus zu gewähren. Graf Zieten-Schwerin will lieber ein
allgemeines Volksschulgesetz. Unannehmbar sei ihm der Gesetzentwurf auch
wegen der neuen Lasten, welche den Schulunterhaltungspflichtigen auferlegt
werden sollten. Das Grundgehalt der zweiten Lehrer sei mit 900 A&¾ bei
24 Jahren weit über das Bedürfnis hinausgehend. Der Entwurf verfüge
ganz zu Unrecht über das Geld, welches die Lehrer, die zugleich ein kirch-
liches Amt versehen, beziehen, zu Gunsten der Volksschule; während da doch
unzweifelhaft auch die Kirchen ein Recht hätten mitzusprechen. Oberbürger-
meister Zelle-Berlin: Der Gesetzentwurf charakterisiere sich durchaus als
Notgesetz, das bald wieder zusammenbrechen müsse, weil es, die Wirrnisse
in den Fundamenten nicht beachtend, unbesorgt auf diesen weiter zu bauen
versuche. Kultusminister Dr. Bosse verteidigt den Entwurf. Hierauf wird
die Vorlage mit großer Mehrheit abgelehnt, ebenso am 2. Mai in zweiter
Beratung.
30. April. Das Preuß. Abgeordnetenhaus verweist die
Vorlage, das Kapital der Zentralanstalt zur Förderung des ge-
nossenschaftlichen Personalkredits von 5 auf 20 Millionen zu er-
höhen, an die Budgetkommission (vgl. 1895 S. 158, 163).
Umsatz der Zentralgenossenschaftskasse. Der Gesamtumsatz — in
Debit und Kredit — stellte sich bis zum 15. November 1895 auf 11478878-,.
bis zum 15. Januar auf 32386 300.4 und bis Mitte März auf 61295 675 +
Von diesem Betrage entfielen auf den Geschäftsverkehr mit den genossenschaft-
lichen Vereinigungen und Verbandskassen 16424445 —4, in laufender Rech-
nung 13 704207 — nämlich gewährte Kredite 8526524 X und Rück-
zahlungen und Guthaben 5177683.A- und in Einzelgeschäften (aktivem und
passivem Darlehnsverkehr) 2720 238.C— nämlich gewährte Kredite 872959.44
und Rückzahlungen und Einlagen 1847243.&¾ Auf den Verkehr mit den land-
schaftlichen (ritterschaftlichen) Darlehnskassen entfielen insgesamt 15 633 480.
— nämlich gewährte Kredite 10 141740/% und Nückzahlungen 5491740./.
Die im Gesetz vom 31. Juli 1895 aufgeführten Arten von Geschäften hatten
— abgesehen von dem aktiven und passiven Darlehnsverkehr mit der General=
staatskasse, der Seehandlung und der Reichsbank, bei dem sich der Gesamt-