8 81. Die Medizinal- und Veterinärpolizei. 281
Tiere, deren Fleisch zum Genusse für Menschen verwendet werden
soll, unterliegen vor und nach der Schlachtung einer amtlichen Unter-
suchung !). Bei Notschlachtungen (8 1, Abs. 3) und bei Schlachttieren,
deren Fleisch ausschließlich im eigenen Haushalt?) des Besitzers ver-
wendet werden soll und welche keine Merkmale einer die Genußtaug-
lichkeit des Fleisches ausschließenden Erkrankung zeigen, kann die
Untersuchnng vor der Schlachtung unterbleiben; im Falle des $ 2
Abs. 1 auch nach der Schlachtung. Zur Vornahme der Untersuchung
sind durch die Landesbehörden Beschaubezirke zu bilden und Be-
schauer zu ernennen. Die Schlachtung des zur Untersuchung gestell-
ten Tieres darf nicht vor der Erteilung der Genehmigung und nur
unter Einhaltung der angeordneten besonderen Vorsichtsmaßregeln
stattfinden ($ 7 Abs. 2). Ergibt die Untersuchung, daß das Fleisch zum
Genuß für Menschen untauglich ist, so darf es nicht in Verkehr ge-
bracht werden und ist von der Polizeibehörde in unschädlicher Weise
zu beseitigen, soweit seine Verwendung zu anderen Zwecken nicht zu-
gelassen ist ($ 9). Ergibt die Untersuchung, daß das Fleisch zum Ge-
nuß für Menschen nur bedingt tauglich ist, so hat die Polizeibehörde
zu bestimmen, unter welchen Sicherungsmaßregeln das Fleisch zum
Genuß für Menschen brauchbar gemacht und zum Vertrieb und zur
Verwendung gebracht werden darf (8 10, 11). Die Einfuhr von Fleisch
ist teils ganz verboten, teils Beschränkungen unterworfen ($ 12—17).
Besondere Vorschriften gelten für Pferde ($ 18). Das Gesetz enthält
zahlreiche Ermächtigungen für den Bundesrat zum Erlaß näherer Vor-
schriften und die erforderlichen Strafandrohungen für Verletzung des
Gesetzes und der Bundesratsverordnungen (8 26 fg).
II. Die Veterinärpolizei?).
Die vom Reich erlassenen Vorschriften sind in folgenden Gesetzen
enthalten:
1. Das Reichsgesetz vom 23. Juni 1880 (Reichsgesetzbl. S. 153) über
deAbwehr und Unterdrückung von Viehseuchen, mit
Ausschluß der Rinderpest, an dessen Stelle jetzt das Viehseuchengesetz
vom 26. Juni 1909 (Reichsgesetzbl. 519) getreten ist®). Es bezieht sich
1) Das Gesetz $1 Abs. 1 bezeichnet als solche Tiere Rindvieh, Schweine, Schafe,
Ziegen, Pferde und Hunde, ermächtigt aber den Bundesrat, die Untersuchungspflicht
auf anderes Schlachtvieh auszudehnen. Durch Bekanntmachung vom 14. Juni 1906
(Reichsgesetzbl. S. 737) ist die Ausdehnung erfolgt auf Renntiere und Wildschweine.
2) Ueber den Begriff des eigenen Haushalts siehe $ 2 Abs. 3 des Gesetzes.
3 Göring in Hirths Annalen 1881, S. 809 ff.; Jolly in Schönbergs Handbuch
Bd. 3, S. 959 ff.; Dammann in v. Stengels Wörterbuch II, S. 803 ff., 809 ff.; Hall-
bauer, Die Viehseuchengesetzgebung des Reichs und Preußens, Leipzig 1896;
Reuter, Die Viehseuchengesetzgebung, München 1896; Hofmann und Beiß-
wänger; Die Viehseuchengesetze mit den zu ihrer Ausführung im Reich und in
Württemberg ergangenen Vorschriften. Stuttgart 1897. Köpping, Reichsvieh-
seuchengesetze, 3. Aufl, Neudamm 1900. G. Meyer-Dochow 883; Löning,
Verwaltungsrecht $ 95 ff.: Hänel, Staatsrecht I, S. 708 fg.
4) Der Bundesrat hat zu diesem Gesetz sehr umfangreiche Ausführungsvor-