Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

148 Sechstes Buch. Erstes Capitel. 
seinem Eintritt ein Heer von 38,459 Mann fand, und dieses noch 
in dem ersten Jahre auf 44,792 Mann brachte, Er errichtete in 
demselben sieben neue Regimenter. Im Jahre 1719 zählte die Armee 
bereits 53,999, im Jahre 1729: 69,892, im Jahre 1739 endlich 
82,352, oder mit dem Unterstab 83,186 Mann. Der König nahm 
eine ziemlich gleichmäßige Rücksicht auf die verschiedenen Waffen; die 
Cavallerie ist unter ihm um mehr als die Hälfte, die Artillerie in 
noch größerem Maßstab angewachsen 1). Bei ihm kam kein Wider- 
spruch mit den Listen vor; der Festungsdienst beschäftigte eine ver- 
hältnißmäßig nicht große Anzahl: wenn wir der geringsten Angabe 
folgen, so waren 72,000 Mann jeden Augenblick, oder wenigstens 
nach kürzestem Verzug, im Felde zu erscheinen vorbereitet. 
Schon aus dem Verhältniß der Zahlen ergiebt sich, daß es un- 
möglich war, ein stehendes Heer von dieser Stärke aus den branden- 
burgisch-preußischen Landen aufzustellen, wenn man nicht jeder andern 
Thätigkeit Kräfte und Mittel entziehen wollte. Es gehörte schon 
außerordentliche Anstrengung dazu, um nur die Hälfte des Heeres 
aus den Eingeborenen zusammenzusetzen. Eine Zeit lang schwankte 
man zwischen Pflicht und Freiwilligkeit, Werbung und Gestellung; die 
Eigenmächtigkeit der Offiziere, der Wetteifer und gegenseitige Uebergriffe 
der Regimenter, brachten unzählige Unordnungen hervor. Um den- 
selben vorzubeugen, bildete Friedrich Wilhelm eine ältere Einrichtung, 
nach welcher jedem Regiment ein besonderer Bezirk zu seiner Ergänzung 
vorbehalten war, systematischer aus. Die Feuerstellen des Landes 
wurden nach ihrer Zahl cantonweise unter die Regimenter und Com- 
pagnien ausgetheilt, um sich daraus die erforderlichen Mannschaften 
anzueignen, mit Rücksicht jedoch auf die zugestandenen Ausnahmen 
und die Unabtkömmlichkeit für die bürgerlichen Gewerbe oder für den 
Landbau. Man nahm weder ansässige Leute noch älteste Söhne und 
Erben: Räthe der Provinzialcollegien waren bei den Aushebungen 
zugegen, um das militärische Bedürfniß mit dem civilen auszugleichen. 
Den größeren Theil des Zuwachses, der sogleich mit den Commandeurs 
in Verbindung trat, bildeten die jüngeren Bauersöhne. In den geogra- 
phischen Beschreibungen der brandenburgischen Landschaften merkt man 
besonders an, wie die Landleute gesund, stark, arbeitsam seien, den 
Wechsel der Witterung gut ertragen, und treffliche Dienste im Felde 
1) Bericht von Massow an Friedrich II vom Jahre 1748. Sollten auch 
im Calcll bei den einzelnen Summirungen Fehler vorgefallen sein, was nicht 
unmöglich, so ist doch das Verhältniß richtig.
	        
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