Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

526 Neuntes Buch. Drittes Capitel. 
Jahre sein Feldgeschütz erneuert und statt der üblichen sechspfündigen. 
Stücke dreipfündige gießen lassen, weil diese leichter fortzubringen und. 
zu laden, und im Grunde ebenso wirksam seien. Er hatte deren sechs- 
undsiebzig bei sich; sie kamen der glücklichen Bewegung, die er machte, 
und die ohnehin alles in Schrecken setzte, mit entscheidender Wirkung. 
zu Hülfe. Allmählig ward Prinz Carl inne, daß sein Anfall ab- 
geschlagen sei; er suchte nur die Truppen, welche zu weit vorgegangen, 
besonders die, welche in das Gepäck der Preußen gefallen waren, 
wieder an sich zu ziehen; dann, um sich nicht einer völligen Nieder- 
lage auszusetzen, gab er das Zeichen zum Rückzug 1). Die Preußen 
verfolgten ihn nicht weiter als so viel nöthig war, das Schlachtfeld- 
zu behaupten. 
Was den Preußen den Sieg verschaffte, war dreierlei: gleich- 
mäßige Anwendung des Fußvolks, der Reiterei und der Artillerie in 
einer seltenen Vollkommenheit des Dienstes: die zusammenwirkende 
Anstrengung aller, wofür der König ihnen seine Erkenntlichkeit be- 
sonders aussprach, und hauptsächlich sein eigenes Talent, das hier 
zuerst in seiner genialen Selbständigkeit und Kraft erschien. Man 
darf seine Führung einer der kühnsten und glücklichsten Thaten des. 
jungen Condé, als er bei Nocroi den übrigens siegreichen Feind mit 
seinem noch unbesiegten Flügel im Rücken bedrohte und dadurch die 
Bataille entschied, zur Seite stellen. Wie ganz anders als bei Moll= 
witz, wo die Schlacht erst recht begann, als Friedrich sich entfernt 
hatte; hier dagegen erscheint er als der wahre Führer dieser durch 
und durch lebendigen militärischen Organisation. „Die Action ist größer, 
schreibt er an seine Mutter von dem Schlachtfelde, und vollständiger 
als die bei Mollwitz. Wir haben für unsere Truppen einen außer- 
ordentlichen Ruhm erreicht, mit geringem Verlust. Gottlob wir be- 
1) Nicht ganz der Vergessenheit zu übergeben sind die Verse des Quartier- 
meisters Johann Friedrich Busse vom königl. Leibgrenadierregiment: 
Dort sleckt der Feind Schwarm das Lager in den Brand, 
Doch bietet er dadurch den Unsern nur die Hand 
Die Flanken von dem Feind beherzt zu attaquiren; 
So muß der Gegentheil so Muth als Herz verlieren. 
Auch hier knüpft das Soldatenwesen an dic alte Landsknechtsweise an, aller- 
dings in sehr verändertem Tone. Der Autor ist nicht ohne Anspruch an Bil- 
dung. In höherer Fülle aber erscheint diese bei Stille und in der Relation 
des Königs, dessen bewußte Absicht war, vollkommen wahrhaft zu sein. Es- 
ist, sagt er selbst, solche Relation um so zuverlässiger, als solche von meiner 
Facon ist, und darin nichts gesetzet worden, als was der Wahrheit sonder 
etwas zu supprimiren oder zu exageriren vollkommen gemöß ist.
	        
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