Rückzug aus Böhmen. 123
Kriegsregeln, ein Land hinter sich gelassen zu haben, das nun eine
feindliche Richtung annahm und dem Heere den Weg verschloß, den
es gekommen war. Was in dem Zusammentreffen der politischen und
strategischen Tendenzen zu Einem Gesichtspunkte groß und kühn ge-
wesen, erschien jetzt als ein Fehler; die Raschheit der Auffassung und
des Entschlusses selbst hatte ihn verführt.
Man könnte fragen, ob es nun nicht das Beste für ihn gewesen
wäre, sich sogleich auf einen engen Umkreis von Böhmen zu be-
schränken und dabei vertheidigungsweise zu Werke zu gehen; allein
erst allmählich enthüllte sich ihm selbst seine Lage vollständiger; da-
mals, sagt er wohl, habe er von den österreichischen und sächsischen
Bewegungen nicht mehr Nachricht gehabt, als geschähen sie in China;
er hielt an der Hoffnung fest, das große gegen ihn anrückende Heer
im offenen Felde zu bestehen, und in welchem Lichte wäre er seinen
Verbündeten erschienen, hätte er die kaum für den Kaiser gemachte
Eroberung schon wieder aufgeben wollen!
Das Heer des Prinzen Carl und Grafen Traun vereinigte sich
mit den Truppen Bathianys am 2. October zu Mirotitz, und da die
Nachricht einlief, als habe es nach dieser Verstärkung den Weg nach
Budweis eingeschagen, um seine Verbindung mit Oesterreich herzustellen,
so ging Friedrich demselben sofort entgegen, in der Hoffnung, daß er
es auf dem Marsch angreifen und zurückwerfen, darauf aber seine
Winterquartiere ruhig in Böhmen halten werde. Er trug kein Be-
denken, in dieser Absicht die Moldau zu überschreiten.
Gleich diese Bewegung aber zeigte sich fruchtlos. Die österreichische
Armee hatte nur ein anderes, noch immer femes Lager bezogen, wo#
sie nicht wohl angegriffen werden konnte; schon setzten ihre leichten
Truppen durch den Fluß und erschienen im Rücken der Preußen; am
8. October sah sich der König veranlaßt, über die Moldau zurück-
zugehen.
Seine Meinung war hierauf noch immer, den ganzen eingenom-=
menen Landstrich von Prag bis Budweis zu behaupten und den Feind
auf dem rechten Moldauufer zu einem Schlachttag zu erwarten.
So wie Prinz Carl sich entschieden nach der tieferen Moldau
wendete, und seinen Uebergang hier vollzog, in der Absicht, die
Preußen von Prag und vielleicht von der Elbe abzuschneiden, schlug
der König eine entsprechende Richtung ein; hauptsächlich schien es
bhm wichtig, die starke Position von Beneschau und Konopischt vor
dem Prinzen einzunehmen; nicht ohne Anstrengung erreichte und be-
setzte er dieselbe, und erwartete nun die Bewegungen seiner Feinde.