152 Elftes Buch. Biertes Capitel.
Potsdam sagte er seinem Freunde Eichel, er besorge, die Periode des
Falles beginne für das Haus Brandenburg, das schien sich ihm jetzt
zu erfüllen 1); er sagt, das Haar habe sich ihm gesträubt. Er wußte
am besten, daß es nicht voreilige Besorgniß war, worauf die An-
ordnung des Königs beruhte; so eben hatte er von ungünstigen
Aeußerungen des russischen Gesandten in Dresden zu melden.
„Ich begreife“, antwortet ihm Friedrich am 26. April, „daß ihr
in Berlin unruhig werdet; ich habe das Meiste von Allen zu ver-
lieren, doch bin ich ruhig und auf Alles vorbereitet. Wenn die Sach-
sen am Einfalle in Schlesien Theil nehmen und wir sie schlagen, so
bin ich entschlossen, mich auf Sachsen zu stürzen. Für große Uebel
bedarf es großer Heilmittel; entweder ich will Alles behaupten oder
Alles verlieren. Es ist wahr, daß die Abtrünnigkeit des russischen
Hofes, aus so unerheblichen Gründen, nicht erwartet werden konnte,
und viel Unglück kann uns begegnen; aber über zwei Jahre früher
oder später sich bekümmern, verlohnt nicht der Mühe: nehmen die
Sachen eine gute Wendung, so wird unsere Lage sicherer und fester,
als sie bisher gewesen ist. Haben wir uns nichts vorzuwerfen, so“
haben wir uns auch nicht zu grämen über unglückliche Ereignisse,
welche alle Menschen treffen können.“
In diesem Augenblick traf erst die schlimmste Kunde ein: vom
Frieden zu Füßen mit Ausschluß des Königs, über dessen Haupt
allein sich nun die ganze Gefahr sammelte.
„Ich kann nichts darauf antworten“, sagt Friedrich, „als: es ist
geschehen, was geschehen mußte. Mir bleibt nichts übrig, als mich
in Geduld zu fassen. Wenn alle meine Hülfsquellen und Unterhand-
lungen versagen, alle Conjuncturen gegen mich ausfallen, so ziehe ich
es vor, unterzugehen mit Ehre, als ein ruhmloses, des Ansehens be-
raubtes Leben zu führen. Mein Ehrgeiz ist, daß ich mehr als ein
Anderer zur Vergrößerung meines Hauses gethan, unter den gekrön-
ten Häuptern von Europa eine große Rolle gespielt habe; mich da-
bei zu erhalten, ist gleichsam eine persönliche Pflicht, die ich erfüllen
will, auf Kosten meines Glückes und meines Lebens. Ich habe keine
Wahl mehr: ich will meine Macht behaupten, oder sie mag zu Grunde
1) Daß der Periodus satalis dieses Hauses sich zu machen scheine. Er
deprecirt den Auftrog, für jene Rettungsanstalten zu sorgen. „J'espère due
S. M. voudra charger M. de Boden de certaines commissions, dont jo
suis hors d'état de m’'acqnitter si je dois vacquer aux affaires.“ „J
fais“, antwortet Friedrich, „expédier un ordre secret à Boden, due vous
ne lui delivrerez pas due lorsque je donnerai le signal.“