Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 29. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. (29)

Sechstes Gapitel. 
Die Armeen in Böhmen. Kaiserwahl. Schlacht bei Soor. 
Aus dem Munde Friedrichs wissen wir, daß er, als er in Böh- 
men eindrang, an keine Eroberungen dachte; er glaubte durch seinen 
Sieg, wie er sagt, das Herz Pharaonis erweicht zu haben und auf 
Frieden rechnen zu dürfen. 
Ohne Zweifel trug die starke Stellung des Prinzen von Loth-= 
ringen bei Königingrätz, wo der Adler, in den sich die Gewässer des 
Glatzer Gebirges sammeln, eine gute Deckung darbietet, dazu bei, ihn 
am weitern Vordringen zu hindern; aber, wie der Herzog von Weißen- 
fels einst im österreichischen Kriegsrath entwickelte, gegen einen ernst- 
lichen Angriff war diese Stellung so sicher doch nicht, wie es schien: 
Friedrich selbst behauptet, Königingrätz würde er haben einnehmen 
können; wenn er es nicht angriff, so war das zugleich sein wohl- 
bedachter Entschluß. Wozu, sagt er, hätte es ihm nützen können: es 
würde ihn mehr in Schwierigkeiten verwickelt als Vortheil gebracht 
haben, den Platz gegen das vereinte Böhmen behaupten zu müssen. 
Es wäre eine unnütze Mühe, die Vorfälle des kleinen Krieges 
erwähnen zu wollen, der sich zwischen den Truppen der beiden Theile 
entspann. 
Die Ungarn machten meistentheils den Angriff, oft aber auch 
die preußischen Husaren; bald waren die einen, bald die andern im 
Vortheil und ritten mit den Pferden ihrer Gegner oder einigen Ge- 
fangenen davon. Die Preußen trachteten ihren leichten Feind nur 
immer aus den Gebüschen und Wäldern ins freie Feld zu locken: 
man versuchte sich in mancherlei derben Kriegslisten, und die beider- 
seitigen Lager erfüllten sich mit Erzählungen tapferer Thaten, wo ein 
Jeder das Beste gethan zu haben meinte. Wir schlagen uns, sagt
	        
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