Kaiserwahl. 185
So wie die Wahlhandlungen begannen, war auch ihr Ausgang
entschieden. Hannover, Baiern, die drei geistlichen Kurfürsten, die
jetzt wieder anerkannte und aufgerufene böhmische Stimme, zu denen
sich endlich auch Sachsen gesellte, bildeten eine so ansehnliche Mehr-
heit, daß man auf den Widerspruch von Brandenburg und Pfalz
keine Rücksicht nahm. Am 13. September 1745 ward der Groß-
herzog Franz in den gewohnten Formen zu Frankfurt gewählt; die
dissentirenden Gesandten begaben sich nach Hanau. So war der Ge-
danke durchgeführt, welchen Maria Theresia einst bei der ersten Nach-
richt von der Erwählung Carls VII faßte; sie hatte sich niemals be-
wegen lassen, ihn anzuerkennen, und sah jetzt wirklich ihren Gemahl
als Kaiser begrüßt. Sie war selber bei der Krönung, die am
3. October in Frankfurt stattfand 1), und nahm den lebhaftesten An-
theil. Sie war dabei, als ihr Gemahl nach der Kirche zog, und eilte
noch vor ihm dahin, um ihn bei allen Ceremonien der Krönung zu
sehen; als er auf den Römer zurückgekommen am Fenster erschien,
war sie es, die auf dem Platze mit ihrem Schnupftuch das Zeichen
zum Vivatrufen gab; bei dem Krönungsmahle ließ sie nicht ab, was
des Ceremoniells wegen einige Schwierigkeit hatte, bis sie seiner im
kaiserlichen Schmuck ansichtig wurde. Wer könnte verkennen, wie viel
Hingebung der Gemahlin, naive Frauenliebe in diesem Bezeigen
waltet? Aber es war auch noch etwas Anderes dabei: der Genuß
eines politischen Sieges, das Gefühl, ein großes und glänzendes Ziel
erreicht zu haben. .
KaisetFkanzlhatteeinigeguteEigenschasten,gefundenMenfchens,
verstand, Urtheil, Gedächtniß; die Rathschläge, die er gab, find nach
der Hand oft treffend erschienen; aber es fehlte ihm an Wärme und
dem Eifer einer angeborenen Thatkraft; er wünschte nur das Leben
auf seine Weise zu genießen, seine Reichthümer, die er in den Banken
von Venedig und Amsterdam angelegt hatte, wachsen zu sehen; ein
Mann, der das deutsche Kaiserthum hätte wieder erneuern können,
war er nicht. Wie seine Coregentschaft nur ein Schatten und Name
war, so fielen auch die kaiserlichen Geschäfte, denn er selbst hatte
keine Selbständigkeit im Reiche, den Ministern und Behörden seiner
Gemahlin anheim und wurden nach den Gesichtspunkten der öster-
reichischen Politik geleitet. Man kann sagen: Maria Theresia, wie
1) Sie war hier sehr populär. Jedermann war erfreut, als sie, bei
einer Andienz, eine Zeitlang auf sich warten ließ und sich dann entschuldigte.
II F à du'’une voix pour cette reine.