196 Elftes Buch. Siebentes Capitel.
dem Apparat und der Aeußerlichkeit der höchsten Gewalt auf den
wesentlichen Besitz derselben und die Ausübung der Macht drang,
ward auch diese Frau auf dem Thron, so sehr sie Gattin und Mutter
blieb, vollkommen ergriffen. Man konnte nicht sagen, daß die Unter-
thanen sie deshalb mehr geliebt hätten, sie fanden die Fortsetzung
des Krieges hoffnungslos und drückend; ihre Theilnahme brach nicht
mehr in so lebhaften Enthusiasmus aus, wie bisher, aber die Kai-
serin in ihrem stolzen Gange bemerkte das kaum, sie traute auf ihren
Genius und den unmittelbaren Schutz der Vorsehung. Ihre ganze
Seele war damit beschäftigt, Oesterreich so stark und groß zu machen,
wie es jemals gewesen war, und da sie nun Kaiserin geworden, ihm
seine Uebermacht im deutschen Reiche, sein altes Ansehen in Europa
wieder zu verschaffen.
In ihrem Ministerium fand sie wenig Einwendung. Weder
Uhlefeld noch Colloredo, von denen der eine die auswärtigen An-
gelegenheiten, der andere die Reichssachen bearbeitete, waren recht für
ihre Aemter geeignet. Uhlefeld zeigte in der geringsten Sache Be-
denklichkeiten und Mangel an Verständniß; er drückte sich entweder
dunkel oder doch unbestimmt aus. Colloredo war ein Mann der vor-
nehmen Welt, genußliebend, kleinlich besorgt für sein Aeußeres; an
den Geschäften fand er wenig Geschmack: oft schickte er die ihm zu-
gehenden Acten ungelesen, nur mit seinem Siegel versehen, weiter.
Beide hingen in den wichtigsten Dingen von dem Gutachten Barten-
steins ab, der, nachdem er die Schwierigkeiten der letzten Jahre über-
wunden, wieder den größten Einfluß ausübte. Er war von sich ein-
genommener als jemals, ergriff in jedem Gespräche das Wort, und
führte es in durchdringendem Tone; er schien sich für den größten
Geist in Europa zu halten; vom Kriege meinte er mehr zu verstehen
als alle Generale, und in den äußeren Geschäften führte er nicht
allein die Feder, sondern gab die Rathschläge, die den meisten Ein-
gang fanden. Einen einzigen Mann gab es in der Conferenz, der
ihm nicht beistimmte, sondern seinen eigenen Weg ging, den Kanzler
von Böhmen, Graf Harrach. Dagegen unterstützte dessen Vorgänger
in Böhmen, Graf Kinsky, damals mit der Verwaltung der Finanzen
beauftragt, die kriegerischen Tendenzen gegen Preußen mit aller Kraft.
Er hatte es schon immer gethan, und daß er in den Kriegen ansehn-
liche Verluste erlitten, die er selbst auf ein paarmal hunderttausend
Gulden anschlug, bestärkte ihn in seinen Ideen.
So erhielt sich an dem Hofe die Stimmung, in der man alle
lbisherigen Unfälle blos momentanen Fehlern der Anführer zuschrieb