Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 29. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. (29)

Schlacht bei Keffelsdorf. 209 
gegen Kesselsdorf in Bewegung; seine Husaren trieben die leichte Rei- 
terei des Feindes vor sich her; gegen Mittag stand er ihm gegenüber 
und stellte seine Mannschaft zu ihrem schweren Tagewerk in Ordnung. 
Bei der Aufstellung der beiden Linien trug er Sorge, daß wenn durch 
die Schwierigleit des Terrains eine Lücke in der vorrückenden ersten 
entstand, diese leicht durch die zweite ausgefüllt werden konnte 7. 
Es kam hier vor allem darauf an, das Dorf mit seinen Batterien 
zu erobern, in welchem die Stärke der ganzen sächsischen Linken be- 
stand, und unverzüglich schickte sich der Fürst selbst dazu an. 
Er nahm zwei Bataillone Grenadiere aus dem zweiten und eins 
aus dem ersten Treffen, die den Angriff eröffnen sollten; hinter diesen 
stellte er drei Bataillone Altanhalt auf; hinter diesen die Dragoner 
Bonins, denen sich Stilles Cürassiere anschlossen:). So bewegte er 
sich gegen den Feind. « 
Die Grenadiere rückten an, mit entblößter Brust, scharf geschul- 
tertem Gewehr, ohne einen Schuß zu thun; aber das Feuer aus Ka- 
nonen, Haubitzen, kleinem Gewehr, das sie empfing, war so mörde- 
risch, daß sie sich genöthigt sahen, nach Rechts hin rückwärts aus- 
zuweichen. Dem Regiment Altanhalt ging es nicht besser. Beide 
zusammen, die Grenadiere und das Regiment, rückten nochmals an, 
aber sie wurden aufs Neue geworfen, und nicht ganz unerschütterlich 
hielt ihre Ordnung diesmal zusammen. Schon glaubten die öster- 
reichischen und sächsischen Grenadiere, die 9 Bataillone stark in Kessels- 
dorf standen, den Sieg in den Händen zu haben; auf den Zuruf 
eines sächsischen Generals drangen sie aus dem Dorfe vor, wo sie 
bisher hinter guter Deckung gestanden; es scheint, als seien einige 
preußische Geschütze in ihre Hand gerathen. Mitten in dem Feuer 
und Getümmel der Vordringenden und Zurückweichenden erblickte man 
den alten Fürsten: man sagt, daß er den Tod gesucht habe, er scheute 
ihn wenigstens nicht, und würde ihn gesucht haben, wenn er geschlagen 
worden wäre. In dem aber nahm er wahr, daß die feindlichen Grena- 
diere in ihrer Verfolgung sich auflösten, die sächsischen noch mehr als 
1) Journal: „da nun dieses alles so nachgelebet und die sämmtliche Armce 
in Schlachtordnung aufmarschiret, so ließ der Fürst mit die 3 Grenadierbataillons 
und die 3 von Anhalt in Gottes Namen den Anfang machen“. Das dem 
Fürsten zugeschriebene Gebet, Gott möge, wenn er ihm nicht beistehen wolle, 
doch auch dem Feind nicht helfen, gehört dem General Sporck in der Schlacht 
von St.-Gotthard 1664 an. 
2) Canitz: Thaten der Reiterei, bemerkt, daß sie hier wie die spätere 
Brigadecavallerie agirte I, 47. 
v. Rauke's Werie XIIII. 14
	        
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