Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 29. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. (29)

210 Elftes Buch. Siebentes Capitel. 
die österreichischen; diesen Augenblick ergriff er, und ließ die Drugoner 
Bonins auf sie losgehen. Sie warfen die Grenadiere ganz aus- 
einander; nur wenige kamen unverwundet zurück, und da Rutowsky 
es versäumt hatte, eine zweite Linie Infanterie zum Rückhalt für die 
erste aufzustellen, so konnte das Dorf nicht behauptet werden. Die 
sächsische Reiterei, welche in der Nähe stand, ward von der preußischen. 
gefangen oder zurückgeworfen und zersprengt; das Dorf gerieth in 
Brand und die Batterien wurden genommen. 
Während dem begann nun aber auch, den Schwierigkeiten zum 
Trotz, die der Tzschonengrund an vielen Stellen entgegensetzte, die 
Generalattaque auf die Mitte der sächsischen Aufstellung. Der jüngste 
Sohn des alten Dessauers, Moritz, von ihm methodisch zu einem 
Soldaten nach seinem Sinn erzogen und mit ihm wetteifernd, wie in 
Bedachtsamkeit so in Bravour, sprang selber zugleich mit zwei Muske- 
tieren, die ihm dann weiter durchhalfen, in das morastige Gewässer7). 
Wer hätte da zurückbleiben sollen! Die Regimenter Leopold und Po- 
lenz mußten, im Bereich der feindlichen Kugeln, auf der einen Seite 
die von Schnee und Eis schlüpfrig gewordenen Abhänge hinabrutschen, 
auf der andern Einer den Andern unterstützend hinauftlimmen; in 
einzelnen Rotten, nur immer etwa dreißig bis vierzig zusammen, er- 
schienen sie den Sachsen gegenüber. Ein sächsischer Oberst hielt für 
möglich, sie den Berg wieder hinabzutreiben, und ging mit seiner 
Cavallerie auf sie los. Als er aber in ihre Nähe kam, sodaß sie 
sich gegenseitig ins Auge fassen konnten, waren die Preußen schon 
formirt und empfingen ihn mit einem kräftigen Feuer, das unter 
andern den Obersten selber tödtete, und vor dem sein Regiment zurück- 
wich. Das sächsische Fußvolk bildete hierauf ein Carré, und einige 
Reiter stellten sich zur Unterstützung desselben auf, aber auch sie wichen 
vor dem Feuer der nunmehr herandringenden preußischen Bataillone, 
und bald sah sich das Fußvolk genöthigt, ihnen zu folgen 2). Hätten 
nicht die weiterhin wachsenden Schwierigkeiten des Terrains den linken 
1) Seine ganze Brigade folgte ihm in Front und that ein Gleiches. 
Bericht von dem Feldzug in Sachsen bei Seyfart I., Beilagen S. 223. BVgl. 
Stille 284. 
2) Bei Dyherr heißt es: le feu de 3 ou 4 bataillons deposta cinquante 
escadrons et occasionna une déroute qui auroit fait détruire toute T’ar- 
meéee, si le ciel n'avoit favorisé sa retraite. In dem K. Glstb. hat man 
auch eine deutsche Uebersetzung dieses Memoirs, das mit Anmerkungen eines 
angeblichen Grenadiers versehen ist; aus dessen Erzählung entnahm ich einiges 
Detail.
	        
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