Jweites Gapitel.
Erwerbung von Ostfriesland.
Ein näheres Verhältniß zwischen Brandenburg und Ostfriesland
hat zuerst Kurfürst Friedrich Wilhelm eingeleitet. Als Holland in
den Streitigkeiten zwischen dem regierenden Hause und den Ständen
sich ein oberherrliches Recht anzumaßen schien, im Jahre 1683, er-
theilte der Kaiser, indem er beiden Theilen verbot, sich an auswärtige
Mächte zu wenden, dem Kurfürsten ein Conservatorium zu Gunsten
der Stände, in Folge dessen eine brandenburgische Besatzung erst in
Gretsyl, dann in Emden erschien. Es waren die Zeiten, in denen
Friedrich Wilhelm an seinen alten Verbündeten Holland und Spanien,
ihren Abfall, der ihm das bereits eroberte Pommern gekostet hatte, zu
rächen suchte. Emden ersah er zum Mittelpunkt seiner maritimen
Unternehmungen, und schon damals fuhren ostfriesische Schiffe unter
brandenburgischer Flagge. Ueberdies aber forderte er von Kaiser und
Reich als einen Theil der ihm zugesagten Entschädigung, denn bereits
schien dem Hause der Cirksena keine lange Dauer mehr bevorzustehen,
die Expectanz auf dieses Fürstenthum. Ihm wurde sie noch versagt.
Allein Friedrich III, der sich in den großen Angelegenheiten an
den Kaiser anschloß, erlangte sie, wir sahen unter welchen Um-
ständen, in Rücksicht seiner bereits dem Lande geleisteten Dienste in
aller Form.
Diese Anwartschaft, wenn der Fall eintrete, durchzuführen, bildete
seitdem einen der wichtigsten Gesichtspunkte der brandenburgischen Po-
litik; zu den Irrungen Friedrich Wilhelms mit Holland und Hanno-
ver, welche den Anfall Ostfrieslands an Preußen nicht gern sahen,
trug auch diese Frage nicht wenig bei.