Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 29. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. (29)

Absichten von Oesterreich und England. 19 
Eben deshalb, um ihre Sache in diesem Sinne auszuführen, 
gaben sich die Engländer so viel Mühe für eine Pacification zwischen 
Oesterreich und Preußen. Wie oft haben sie dem König von Preußen 
in Erinnerung gebracht, daß es sein Vortheil nicht sei, das Haus 
Oesterreich zu verderben: daß er Zutrauen zu den protestantischen 
Mächten haben müsse, die ihn Schlesiens niemals würden berauben 
lassen. Und so wie dies nun erreicht, der Friede zu Breslau ge- 
schlossen worden, faßte man in England und in Oesterreich die lühn- 
sten Pläne: die innern Bewegungen und die äußern Interessen bei- 
der Mächte wirkten zu dem nämlichen großen Antriebe zusammen. 
Es sind auf beiden Seiten nur wenige Menschen gewesen, welche 
dieselben besprachen oder kannten: auf der einen außer dem König 
von England hauptsächlich Carteret und Robinson, auf der andern 
neben dem Großherzog und der Königin wohl nur Uhlefeld und Bar- 
tenstein; Andere erfuhren sie nur theilweise; doch sind es Gedanken, 
welche in, in ihrer ursprünglichen Fassung und allmählichen Umbildung 
einige Jahre der Weltgeschichte beherrscht haben; es ist sehr der Mühe 
werth, daß wir sie aus der Vergessenheit ziehen. 
Die Gegner, welche den beiden Mächten gegenüberstanden, waren 
Spanien, Frankreich und Baiern; sie sollten alle drei, wenn nicht zu 
Grunde gerichtet, doch in eine niemals mehr zu fürchtende Stellung 
herabgebracht, das System der europäischen Staaten wesentlich ver- 
ändert werden. 
In talien dachte sich Maria Theresia mit Sardinien zu ver- 
ständigen, um alsdann mit gemeinschaftlichen Waffen die Bourbonen 
aus dem Lande zu jagen. In einem Schreiben Carterets vom 8. Juli 
heißt es ausdrücklich, daß der König von England alles thun werde, 
um Sardinien zur Theilnahme an der Wiedereroberung von Neapel 
und Sicilien zu vermögen 1). Die Königin war geneigt, Sieilien 
alsdann in den Besitz von Sardinien übergehen zu lassen, für sich 
selbst wollte sie, wenigstens war dies ihr erster Gedanke, Neapel be- 
halten. Mailand in der damaligen Ausdehnung, Tostana und Neapel 
in Einer Hand hätten Italien beherrschen müssen. 
In Deutschland hegte sie die Hoffnung, Baiern großentheils ihren 
Erblanden geradezu einzuverleiben. Sie fühlte sehr wohl, daß es un- 
möglich sein würde, das Haus Wittelsbach schlechthin zu entsetzen; um 
1) Concerning Naples and Sicilr the king does and will do all in 
bis power, to intimate his Sardinian Majesty 10 a concurrence with the 
dueen of Hungary in reconquering of those kingdoms.
	        
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