248 Zwölftes Buch. Drittes Copitel.
Die Hauptsache war, daß die bisherige Regierung und das bis-
herige Hofgericht zu Stettin vereinigt und der neue Gerichtshof mit
einer kleinen Anzahl hinreichend besoldeter Räthe versehen wurde, die
Procuratoren wegfielen, die Sporteln von Regierung, Hofgericht, Lehns-
kanzlei und Consistorium in eine gemeinschaftliche Casse flossen, aus
der man die Subalternen besoldete. Was in Stettin geschah, ward
in Cöslin wiederholt. Die neueingerichteten Collegien warfen sich
dann mit unvergleichlichem Eiser auf die Erledigung der alten und
neuen Processe. Den Advocaten war aufgegeben worden, über die
alten Processe einen kurzen Entwurf der Lage der Sache und der
vornehmsten Schwierigkeiten, an die sich ihre Erledigung gestoßen habe,
zu machen und die Punkte zu bezeichen, auf die es noch ankomme;
bald nach der Ankunft des Ministers ward zur Abarbeitung derselben
geschritten. Mit nicht geringer Freude meldete Cocceji im Mai 1747,
daß ein Grenzstreit zwischen der Kammer und einigen Edelleuten, der
schon über zweihundert Jahre geschwebt und über den 70 Bände Acten
geschrieben wurden, jetzt besonders durch den Fleiß von Jarriges und
Fürst zur Genugthuung der Parteien zu Ende gebracht sei. So ar-
beitete man das ganze Jahr. Cocceji berechnet im Januar 1748,
daß im verflossenen Jahre in Stettin 1600 alte, 684 neue, in Cös-
lin 800 alte, 310 neue Processe rechtsgängig gewesen; alle alten,
sagt er, seien abgethan und von den neuen in Stettin nur noch 183,
in Cöslin nur noch 169 übrig. Ew. Majestät sehen, ruft er aus,
was von Justizcollegien, die mit lauter gelehrten und ehrlichen Leuten
besetzt sind, geleistet werden kann.
Nie war Friedrich mit einem seiner Minister zufriedener. Er
ernannte Cocceji zum Großkanzler, gab ihm seinen höchsten Orden und
widmete ihm in einer seiner Schriften einen glänzenden Lobspruch.
Nicht Jedermann, wie sich denken läßt, war so erbaut davon.
Der Nachfolger Coccejis beim Appellationsgericht, Arnim, wollte dies
so erhalten, wie es war; er gab zu vernehmen, mit einer übereilten
Rechtspflege werde die Absicht des Königs, die auf die Wohlfahrt des
Volkes gerichtet sei, gewiß nicht erreicht; er werde sich nicht wider-
setzen, aber Alles gehen lassen wie es möge!). Der König verwies
nate ein adlicher und zwei bürgerliche Räthe bestimmt; die Referendarien sollen
halb bürgerlichen, halb adlichen Standes sein; die Depmirten vermieden die
Angaben der Zahlen; sie schlugen überhaupt vor, bürgerlichen und adlichen
Standes.
1) „Alles Ding währet seine Zeit.“ Schreiben vom 19. Jonnar 1748.—
Aus Nüßlers Leben von Büsching, Beiträge I, 375 f. sieht man, wie hart