Meinungen und Regierungsweise des Königs. 297
nicht trifft; das Gute, was wir erleben, müssen wir genießen, der
Hypochondrie und Trauer nicht erlauben, das Gefühl der Bitterkeit
über unser Vergnügen zu gießen.
„Ich habe den Rausch des Ehrgeizes überwunden, Irrthum,
Arglist, Eitelkeit mag andere berücken; ich denke nur noch daran,
mich der Tage, die der Himmel mir gegeben, zu erfreuen, Ver-
gnügen zu genießen ohne Uebermaß, und so viel Gutes zu thun
als ich kann 1).“ Besonders dieser letzte Wunsch erfüllt seine Seele.
Unter allen Dichtern liebte er Racine am meisten, den er weit
über Voltaire stellte, nicht allein der Harmonie und Musik seiner
Sprache, sondern des Inhalts wegen; auf seinen Reisen, im Wagen,
las er ihn immer aufs Neue und lernte ganze Stellen auswendig.
Von allem aber, was dieser Dichter geschrieben hat, machte nichts
einen größern Eindruck auf ihn, als die Scene (im vierten Act des
Britannicus), wo Burrus dem jungen Nero vorstellt, daß die Welt
„das öffentliche Glück den Wohlthaten des Fürsten“ verdanken könne,
daß ein solcher sich sagen dürfe: überall in diesem Augenblicke werde
er gesegnet und geliebt. Ahl rief Friedrich aus, giebt es etwas Pa-
thetischeres und Erhabeneres, als diese Rede, ich lese sie nie ohne
die größte Rührung. Er muß das Buch weglegen, Thränen er-
sticken seine Stimme: dieser Racine, ruft er aus, zerreißt mein Herz.
Eine Weichheit, die Niemand in ihm suchen sollte, der nur seine
Kriege und seine strenge Staatsführung kennt, und die doch mit
dieser wieder in genauem Zusammenhange steht.
Es scheint ihm ein lächerlicher Stumpfsinn der Welt, daß man
das Glück der Fürsten beneidet; sie seien schlecht bedient, ihre Be-
fehle führe man mangelhaft aus, und schreibe ihnen doch alles zu,
was geschehe; man messe ihnen Absichten bei, an die ihre Seele nicht
denke, und hasse sie, wenn sie schwere Dinge fordern; leicht werde
die Welt ihrer müde.
Wer sollte glauben, daß ihm noch in jungen Jahren, im Ge-
nusse des Ruhmes und der Welt, aus dem Innern seiner Seele die
Ieee einer Verzichtleistung aufstieg. Er dachte die Krone seinem
1) Schreiben an die Markgräfin, 7. October 1747. Pour moi je suis
heureusement désabusé de cette passion (d'ambition) j’ai cu#é le filtre
du’elle m’'avoit donné et je ne songe qdu'h é6couler d’une facon tranquille
les jours due le ciel me départ, de profter du plaisir sans en abuser,
de faire tont le bien qdue je puis et d’abandonner Perreur, Pastuce et
la vanité à ceux qui en veulem etre les dupes.