Haltung Friedrich's II. 1743. 65
betrachten müsse, durch welche Oesterreich nur beweise, daß es durch
seine Haltung gleichsam aus der Verbindung des Reiches trete.
Auch in anderen Kreisen gab es Viele, welche das Verfahren
der Königin überaus tadelnswürdig fanden: ihre Weigerung, die er-
gänzte Reichsverfassung anzuerkennen, die unehrerbietigen Ausdrücke,
deren sie sich gegen das Reichsoberhaupt bediene, die Verwerfung der
Mediation und jeder Friedensverhandlung, die Hintansetzung aller
Reichspflichten. Wie leicht, sagten sie, hätte sich ihr Hauskrieg bei-
legen lassen. Aber fast sehe es aus, als wolle sie sich wegen der
Verletzung der pragmatischen Sanction an dem Reiche ihres Scha-
dens erholen; sie säe Zwietracht in den höchsten Collegien; den Kaiser
als Kaiser und seine höchste Gewalt wolle sie zu nichte machen 7).
Alle jene volltönenden Beschwerden über die Verletzung der
Reichsverfassung, welche der Wiener Hof sonst gegen Andere hatte
verlauten lassen, wurden am Reichstage jetzt gegen ihn selbst er-
hoben.
Der König von Preußen, ohne sie gerade alle zu den seinen zu
machen, war doch auch über das Verfahren von Oesterreich sogar per-
sönlich mißvergnügt. Der Wiener Hof hatte ihm vorsichtiger Weise
von der Absicht, wegen der böhmischen Stimme eine Verwahrung ein-
zulegen, im voraus Nachricht gegeben; der König hatte erklärt, er
habe nichts dagegen, wofern dieselbe nur nichts enthalte, was den
Rechten des Kaisers und seiner Wahl entgegen laufe :). Jetzt ward
nun diese Protestation zur Dictatur gebracht, in welcher die Wahl des
Kaisers, sein Recht, den Reichstag zu berufen, der ganze bestehende
Zustand auf das Heftigste angefochten wurde 7).
König Friedrich empfand dies als eine ähnliche Beleidigung wie
die so eben von König Georg 1I erfahrene. Er wiederholte, gegen
eine Protestation an sich würde er nichts gehabt haben, aber wie
diese laute, so könne sie in den Acten des Reiches nicht geduldet
1) Unvorgreifliche Gedanken, wie das österreichische Betragen im Reiche
eigentlich anzusehen.
2) Podewils an Klinggräfe, 12. October: „da ein jeder sein Recht durch
Protest wahren könne.“
3) Man macht einen Unterschied zwischen der Wahrung des Rechtes für
die Zukunft und dem Bersuche der Annullirung der geschehenen Wahl, wie die
Königin selbst erklärt hat (25. Oct. 1743), „daß es ihr keineswegs beikomme,
die Kaiserwahl annuliren zu wollen, wenn ihr nur Genugthuung für die ge-
schehene Ausschließung der böhmischen Kurstimme und Bürgschaft gegen die
Wiederholung einer ähnlichen Gewaltthat zu Theil würde“. (Arneth II, S. 305).
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