Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 29. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. (29)

Haltung Friedrich's II. 1743. 71 
zu der polnischen Thronfolge, die man für einen sächsischen Prinzen 
sichern wollte, den preußischen Interessen nicht minder entgegengesetzt. 
Sachsen machte sich aus, daß es gegen keine der jetzt im Kriege be- 
griffenen Mächte Hülfe zu leisten brauche 1); da es nun doch Hülfe 
zu leisten versprach, gegen wen konnte dieselbe gerichtet sein, als eben 
gegen Preußen? Und wenn es sich angemessene Vortheile dagegen 
ausbedang, besonders eine bessere Communication zwischen Polen und 
Sachsen, nach Maßgabe der eintretenden Begebenheiten, so gab es 
ebenfalls keine andere Möglichkeit, als eine solche Preußen abzu- 
gewinnen. Der Nuntius Paolucci bestätigte ausdrücklich, daß der 
Tractat gegen Preußen gehe 2). 
Man dürfte nicht annehmen, daß ein Angriff auf Preußen schon 
soeben verabredet gewesen sei; aber daß man den Wiederausbruch des 
Krieges zwischen Oesterreich und Preußen für möglich hielt, sich dazu 
vorbereitete, kann keinem Zweifel unterliegen. Der Wiener Hof war 
1) Bündniß zu Wien, 20. December 1743. Articuli secreti, bei 
Wenck Corpus juris gentium I, p. 731. Der dritte Artikel bezieht sich auf 
die Fortdauer des Friedens und ist sehr unverfänglich. Man vereinigt sich, 
doß der Kurfürst von Sachsen nach Polen durch Böhmen, Mähren und Schle- 
sien mit einer Escorte von 1200 Mann den Weg nehmen könne. In dem 
zweiten dagegen wird eine Theilnahme Sachsens an dem jetzigen Kriege gegen 
Frankreich als möglich vorausgesetzt, selbst mit einer größeren als der ur- 
sprünglich stipulirten Truppenzahl; und in diesem Falle „werden Ihro Königl. 
Moaj. zu Ungarn und Böheim nach solch mehrern Hülfsleistung proportionirte 
Bortheile dem Durchl. Churhauß Sachsen versichern, und bevorab sich zu allem 
was ohne Dero Schaden zur Facilitirung der Communication zwischen dem 
Königreich Pohlen und denen Chur-Süöchsischen Landen, nach Maaß derer sich 
eräugnen mögender Vorfallenheiten beschehen kan, gantz willfährig und freund- 
nachbarlich erfinden lassen“. In dem ersten Artikel wird der Krieg gegen die 
jetzt in demselben „verfangenen“ Mächte (Dec. 43) von den Fällen unterschie- 
den, „so unter was Vorwand es immer sein möchte, von jeder anderer, als 
obbenannten Mächten in Teutschland existiren könnten“. Sehr dunkle Worte, 
die aber doch nicht wohl anders ausgelegt werden können, als man sie bisher 
ausgelegt hat. Der Bertrag war defensiver Natur: für den Fall aber, daß 
Preußen mit Frankreich gegen Deutschland gemeinschaftliche Soche machte, ver- 
sprach Sachsen an dem Kriege gegen sie Theil zu nehmen und bedang sich dafür 
angemessene Vortheile aus, besonders eine bessere Communication zwischen Polen 
und Sachsen. 
2) Klinggräfen, 11. Jan. 1741: Le nonce de Dresde avoit écrit au 
C Doria lorsque celui-ci s'étoit trouré à Pommersfeld du'il avoit lu 
T’article secret qui porte due la Saze, desque V. M. entreprendroit la 
moindre chose contre la cour de Vienne, assisteroit la reine de Hongrie 
contre V. N., de sorte que ce traité est comre V. Mé.
	        
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