Verhältniß zu den nordischen Mächten. 81
mann sie gern sah, trafen sie in Moskau an; bei der Kaiserin mach-
ten sie beide einen guten Eindruck. «
Eine wesentliche Schwierigkeit zeigte sich nun aber doch, die Ver-
änderung der Religion.
In Zerbst hatte man die Erwartung gehegt, daß der Groß-
fürstin, so wie einst der Gemahlin des unglücklichen Alexei, die Aus-
übung ihres Gottesdienstes nach evangelischem Ritus gestattet oder
daß sie bei den einfachen Sätzen der christlichen Religion, was man
den Bauernglauben nannte, gelassen werden dürfte. Daran war aber
nicht zu denken: weder die Kaiserin, welche die Ceremonien der griechi-
schen Kirche sorgfältig abwartete und sich so eben zu einer großen
Wallfahrt anschickte, wäre damit zufrieden gewesen, noch die Geistlich-
keit, die schon bei der Zulassung der Ehe nicht auf die strenge Ob-
servanz bestanden, noch auch vielleicht die Nation. Man stellte der
Prinzessin vor, und in einem Briefe an ihren Vater zeigte sie sich
davon durchdrungen, daß der Unterschied mehr in den Aeußerlichkeiten
bestehe, welche man der rohen Menge wegen beibehalten müsse, als
in dem Wesen der Sache; sehr ungerecht sei das Vorurtbeil, das man
in dieser Hinsicht gegen die griechische Kirche hege: in Hinsicht der
Glaubenslehren sei sie von der evangelischen wenig unterschieden. Dem
in Deutschland zurückgebliebenen, in dem protestantischen Lehrbegriffe
unerschütterlichen Vater wollte das schwer zu Sinne; die Furstin be-
merkte ihm besonders, daß man die Werke nur als Zeichen des Glau-
bens ansehe, daß man mit ihnen nicht das Heil zu verdienen meine:
bei der Nothwendigkeit, ein geliebtes und liebenswürdiges Kind zu
einem dem Aeußerlichen nach veränderten Gottesdienst übergehen zu
sehen, könne doch in Bezug auf die wirklichen Lehren das Gewissen
der Eltern ruhig sein ?).
Am 9. Juli 1744 fand die Ablegung des Glaubensbekenntnisses,
am 12. die Verlobung Statt. Die Prinzessin empfing die Namen
) Schreiben der Fürstin. Un article essentiel me sauta d’abord aux
yeux ce fut celui qui regardoit ma lle — — sur lequel je ne me auis
Pas trompé. II nous a cotüté beaucoup à mon époux et moi, de nous
résondre, mais rassureés ensuite du cöté de la religion par L’exemple de
la Zarowitzin et convaincus par des considérations léGgitimes qu’il n’y a
pas à reculer sur les propositions d'une aussi grande princesse, à qui
d'ailleurs nous avons de si Cminentes obligations, mon départ fut résolu.
Der Briefwechsel der Fürstin mit ihrem Gemahl, in Fassung und Juhalt
gleich charakteristisch, ist hiefür eine Quelle. Die Frau Herzogin Friederike
von Anhalt-Dessau K. H. hat das Verdienst, denselben aufgefunden und seinen
Werth erkaunt zu haben.
v. Nanke's Werke XIII. 6