Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 29. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. (29)

92 Zehntes Buch. Sechstes Capitel. 
ohne fremde Beihülfe weder ihre Truppen erhalten noch auch eine 
politische Bewegung vornehmen konnten. Die Waffen, die sie führten, 
erhöhten den Glanz ihres Namens, gaben ihnen aber keine äußere 
Selbständigkeit. 
Hierauf konnte Friedrich einen zweiten Schritt thun und die 
Union zum Abschluß bringen, an der so lange gearbeitet worden war. 
Nur eben zwischen dem Kaiser, dem Kurfürsten von der Pfalz, der 
von jeher mit dem Kaiser gemeinschaftliche Sache machte, dem König 
von Preußen und Hessen-Cassel ward sie geschlossen, doch hatte sie 
eine weitere, allgemeinere Bestimmung. 
Friedrich war mit nichten gemeint, sie im Sinne der Franzosen 
einzurichten oder diesen besondern Einfluß darauf zu gestatten. Cha- 
vigny hatte einen Entwurf gemacht, nach welchem Frankreich gleich 
von vorn herein als Garant des westphälischen Friedens in die Ver- 
bindung gezogen, und die Königin von Ungarn mit Gewalt der Waffen 
bedroht werden sollte, wenn sie nicht endlich den Kaiser anerkenne 
und ihm seine Erblande zurückgebe. Diesen Entwurf verwarf Fried- 
rich in allen seinen Theilen und setzte einen andern, bei weitem min- 
der kriegerisch lautenden an seine Stelle. Die Königin sollte aller- 
dings aufgefordert werden, den Kaiser anzuerkennen, ihn in seine Erb- 
lande herzustellen und die Entscheidung ihrer Streitigkeiten mit dem- 
selben dem Reiche zu überlassen, jedoch mit Gewalt wollte man ihr. 
nicht drohen, sondern nur „alle ersinnlichen guten Dienste“ anwenden, 
um sie dahin zu bringen. Die Forderung, Baiern herauszugeben. 
gründete man auf die Satzungen der alten Churvereine, aber man 
gewährleistete sich gegenseitig doch nur diejenigen Landschaften, welche 
man jetzt in Besitz habe; man wollte sich nicht geradezu verpflichten, 
dem Kaiser wieder zu erobern, was er verloren hatte. Ob es damit 
gelingen konnte, ist eine andere Frage, aber die Absicht wenigstens 
war, die Verbindung mit Frankreich und die Union deutscher Reichs- 
fürsten auseinander zu halten; Frankreich war in der Urkunde nicht 
erwähnt. Friedrichs Gedanke ging dahin, eine Grundlage für eine 
allgemeine Union zu bilden, durch welche Niemand gefährdet noch be- 
leidigt, sondern nur die Autorität des Reiches belebt und eine Ent- 
scheidung dieser Angelegenheiten in den Formen desselben vorbereitet 
würde 1). 
1) Dieser Tractat, der am 22. Mai 1744 (Wenk II, 163) unterzeichnet 
worden ist, muß doch als ein Werk des März dieses Jahres betrachtet werden; 
man hat daran später nichts weiter geändert, sondern nur das Geschäft zu 
Ende gebracht. Der angebliche geheime Artikel, den man auch bei Wenk findet,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.