Full text: Königlich-Baierisches Regierungsblatt. 1806. (1)

8. 4 
Der Lehrer der kleinsten Kinder, die die 
Schule erst zu besuchen anfangen, leistet in 
Hinsicht auf Religion und Sittlichkeit sehr 
viel, wenn er in ihnen gutartige Ge- 
fuͤhle und fromme Empfindungen 
erwecket, die zur eigentlichen Moralitaͤt, de- 
ren sie noch nicht faͤhig sind, immer sehr 
günstig vorbereiten. 
8. 5. 
Hierzu wird vorzüglich die für Kinder so 
ungemein passende Jugend-Geschichte 
Jesu sehr zweckmäßig benützt werden kön- 
nen. Wenn die Kleinen den göttlichen Kin- 
derfreund, sein gütiges, sanftes, freundli- 
ches Betragen gegen Kinder, seine wohlthd- 
tigen Gesinnungen und Handlungen gegen 
die Menschen überhaupt näher kennen ler- 
nen, so werden dadurch ihre Herzen für die 
ihnen in der Folge vorzutragenden erhabenen 
Wahrheiten seiner Religion und Sirtenlehre 
weit empfänglicher seyn, und der ganze Un- 
terricht wird ihnen weit wichtiger und inte- 
ressanter erscheinen. 
S. 6. 
Liebe Gottes erzeugt auf diese Weise 
Ehrfurcht Gottes. Und diese ist die 
Hauptstütze des Religions-Unterrichtes. 
„Dieß hat Jesus gelehet, gethan! 
Dieß ist der Vaterwille Gottes!“ 
— Diese Beweggründe zum sietlichen Gu- 
ten werden dann weit mächtiger auf die Kin- 
der wirken, als das trockene Herrische: Daß 
müßt ihr thunk denn das istrecht, 
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das wollen Vater, Mutter oder 
Lehrer, u. s. w. 
8. 7. · 
Der durch Vernunft und Erfahrung ge- 
billigte Grundsatz, die Kleinen durch 
das Ansehen ihrer Eltern und 
Lehrer, die Größern durch höhere 
Autoritát und Vernunftgründe zu 
leiten, findet bey dem Religions-Unter: 
richte seine volle Anwendung. Wer selbst 
zu denken und zu prüfen noch zu schwach ist, 
oder immer zu schwach blelbe, ist eben deß- 
wegen zum Glauben bestimmt, und be- 
findet ssch gewiß in Religions-Gegenständen 
eben so gut dabey, als in hundert anderen 
Dingen, derer jeder Mensch eine Menge 
auf das bloße (ihm glaubwürdige) Wort 
Anderer hin als wahr annimmt. 
A 8. 
Da wahres Christenthum nicht 
Glaubens-Lehre allein und nicht Sitten-Leh- 
re allein, sondern beydes zugleich ist, 
so folgt hieraus nothwendig, daß die Re- 
ligion nie als etwas von der Moral Ver- 
schiedenes behandelt, und betrachtet werden 
soll. Wer die Eine vor der Andern lehre, 
und sie von einander trenne, bilder Darthey- 
Gänger, — blinde Glaubens-Helden oder 
tolle Glaubens-Berächter. 
8. 9 
In Ansehung der Form des Religions- 
Unterrichtes, an der man bisher noch im- 
mer (und meistens nicht mit Unrecht) Dun- 
kelheit,, Trockenheit und Geistlosigkeit tadel- 
te, strebe der Lehrer nach dem Vorzuge auf