Full text: Königlich-Baierisches Regierungsblatt. 1809. (4)

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Daraus ergeben sich noch folgende nähere 
Bestimmungen: 
) Da die Anlagen zur höchsten Bildung 
an keinen Stand der Staatsbürger gebun- 
den sind, so können die Studienschu- 
len auch für keinen Stand unzu- 
gänglich seyn. 
b) Da aber die Studienschulen auf eine 
längere Dauer des Unterrichts berechner, 
und eben darum für einen kürzeren Schul- 
besuch unzweckmässig sind, so können in 
dieselben nur solche Schüler aufgenommen 
werden, von welchen mit Entschiedenheit 
zu erwarten ist, daß sie dem Schulbesuche 
eine längere, als die für die Volksschulen 
vorgeschriebene Zeit widmen werden. 
ßc) Dagegen knnen Schüler, die in der 
Volkeschule sich durch Anlagen und Fleiß 
auszeichnen, und eben darum ein schnel- 
leres Nachholen der Studien= Elemente 
hoffen lassen, noch späterhin in die Stu- 
dienschule befördert und aufgenommen 
werden. 
à) Ein zweites Hauptbedürfnß har sich 
längst in Absicht auf den zahlreichen Stand 
berjenigen Staatsbürger gezeigt, die, ohne 
eine eigentlich gelehrte oder wissenschaftliche 
Bildung zu bedürfen oder zu verlangen, doch 
sowohl für ihren Stand, als für die Kunst, 
Hrofession, oder höhere Gewerbsart, der 
eie sich widmen, — bei der in allen Zweigen 
der Kunst und des Gewerbes errungenen Er- 
weiterung und Verfeinerung von Einsichten 
und Kunstvortheilen, und bei der in allen 
Ständen gesteigerten Foderung von Bil- 
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dung überhaupt, — eine ausgebreitetere Be- 
kanntschaft mit mannigfaltigen Kennknissen, 
eine vielfältigere Erweckung und Uebung 
des Geistes, und eine grössere Geübtheit in 
verschiedenen Kunstfertigkeiten nicht enrbehren. 
können. 
Nachdem die Volksschulen, ungeachter 
auch sie gesteigerte Foderungen zu erfüllen 
haben, jenem Bedürfnisse schon seit längerer 
Zeit nicht mehr Genüge zu leisten vermoch= 
ten, wurde zwar schon vor dem in der Or- 
ganisation der Mittelschulen Bedacht darauf 
genommen, dem erkannten Mangel dadurch 
abzuhelfen, daß mit den Gymnasial-Studien 
soviel Uebung in Real-Kennenissen, neueren 
Sprachen und Kunstfertigkeiten verbunden 
wurde, als für das Bedürfniß jener grossen 
Klasse von Staatsbürgern nothwendig schien. 
Allein die Erfahrung hat, nach dem einstim- 
migen Ausspruche der einsichrovollsten Beob- 
achter, hinreichend dargethan, daß die ver- 
suchte Vereinigung verschiedenartiger Zwecke 
von der einen Seite dem eigenrlichen Gym- 
nastalstudium höchst nachtheilig werde, und 
von der anderen Seite doch auch für das an- 
dere Bildungs = Bedürfniß nicht genug zu 
leisten vermöge. 
Dieser wohlbegründeren Erfahrung ge- 
mäß haben Seine königliche Majestäc, nach 
den darüber vorgelegten Erfahrungen, geneh- 
migt, von den Gymnasial-Studien die 
Ausdehnung auf höheren Volksunter- 
richt wieder zu trennen; dagegen aber al- 
lergnddigst beschlossen, zum Besten dieses 
wichtigen Zweiges der Nationalbildung, über-
	        
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