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weisens aller Mittelsaͤze nicht, wodurch man
zum Hauptsaze gelangte, sondern eine gedraͤngte
Zusammenstellung der wesentlichen — die
Konklusion oder den Ausspruch des Richters
begründenden Thatsachen und Rechtsschze ist
hinreichend. Insbesondere ist
6) in Fällen, wo die Entscheidung von
streitigen oder zweifelhaften Rechtsmeinungen
abhänge, diejenige, welche das Gericht an?
nimmt, nicht mit Gelehrsamkeit und Wieder-
holung schon oft vorgetragener Gründe zu
mottviren, sondern es soll sich darauf beschrän-
ken, lediglich diejenigen anzuführen, welche
seine Ueberzeugung bestimmten. Als Aus-
nahme kann "
7) die Ausführung umständlicher seyn,
wenn das Gericht eine von den bisher bekann-
ten Melnungen und behren verschiedene auf-
stelle. Endlich ist.
8) zu bedenken, daß die großen und ge-
lehrten Deduktionen in den Entscheidungs-
Gründen die Beurtheilung des Erkenntnisses
oft mehr erschweren, als erleichtern; mehr
Zweifel erregen, als überzeugen oder beruhi'
gen, und den richterlichen Ausspruch dem
schlichten gesunden Menschenverstande manch,
mal verdächtig machen können, als wenn es
eine eigene große Mühe erfodert hätte, Gründe
zu sinden, um gerade dieses Erkenntnß her-
aus zu bringen. Im übrigen bleibt
0) die Verordnung vom 11. September
1804 (Regierungsbl. von 1804. Seite 817.)
in so ferne dieselbe durch gegenwärtige In-
strukzion keine Modifkazionen erhalten hat,
in allen ihren Verfügungen bestehen.
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F. O. B. Ueber die Emscheidungs-Gründe
in Strafsachen ist zwar in der Verocd-
nung, die Rechtsmittel in Kriminalsachen
berreffend, vom 31. Dezember 1808. C. 2.
(Regierungsbl. von 1809. Stück III. S. ö6.)
schon die gemessene Vorschrift gegeben, „daß
asie in bündiger Vollständigkeit die Geschichte
„des der Beurtheilung vorliegenden Falles,
„und ausserdem alle die Entscheidung bestim-
„menden formellen und materiellen Gründe
„genau entwickeln sollen.“ Allein diese Vor-
schrift it mehrfältig mißverstanden, und des-
wegen auch ihrem Sinne zuwider angewender
worden. Nachstehende Erlduterungen sollen
die genauere Befolgungl leiten.
C. 10. a) Die Thatgeschichte soll nach
jener Verordnung in bündiger Vollständig=
keit gegeben werden. Sie muß also
1) zwar vollständig, — aber nicht mit
Nebenumständen überladen; kurz, — aber
in ihren wesentlichen Bestandtheilen niche
mangelhaft, und deutlich, — aber nicht
weitschweisig seyn.
2) Die Progzeßgeschichte, welche oft ganz
vollständig mit eingeflochten wird, kann als
solche kein Bestandtheil der Thatgeschichee
seyn. Die Resultate des Prozesses bilden
die Materialten derselben. Was in einzel-
nen Fällen aus der Prozeßgeschichte darin
ausgenommen werden müsse, bleibt der Be-
urtheilung des Referenten und des Senats
überlassen.
3) Auschuldigungen und Inzichten, welche
nicht einmal zur Untersuchung qualifzirten,
und wovon im Urtheile keine Erwähnung