Full text: Königlich-Baierisches Regierungsblatt. 1813. (8)

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weisens aller Mittelsaͤze nicht, wodurch man 
zum Hauptsaze gelangte, sondern eine gedraͤngte 
Zusammenstellung der wesentlichen — die 
Konklusion oder den Ausspruch des Richters 
begründenden Thatsachen und Rechtsschze ist 
hinreichend. Insbesondere ist 
6) in Fällen, wo die Entscheidung von 
streitigen oder zweifelhaften Rechtsmeinungen 
abhänge, diejenige, welche das Gericht an? 
nimmt, nicht mit Gelehrsamkeit und Wieder- 
holung schon oft vorgetragener Gründe zu 
mottviren, sondern es soll sich darauf beschrän- 
ken, lediglich diejenigen anzuführen, welche 
seine Ueberzeugung bestimmten. Als Aus- 
nahme kann " 
7) die Ausführung umständlicher seyn, 
wenn das Gericht eine von den bisher bekann- 
ten Melnungen und behren verschiedene auf- 
stelle. Endlich ist. 
8) zu bedenken, daß die großen und ge- 
lehrten Deduktionen in den Entscheidungs- 
Gründen die Beurtheilung des Erkenntnisses 
oft mehr erschweren, als erleichtern; mehr 
Zweifel erregen, als überzeugen oder beruhi' 
gen, und den richterlichen Ausspruch dem 
schlichten gesunden Menschenverstande manch, 
mal verdächtig machen können, als wenn es 
eine eigene große Mühe erfodert hätte, Gründe 
zu sinden, um gerade dieses Erkenntnß her- 
aus zu bringen. Im übrigen bleibt 
0) die Verordnung vom 11. September 
1804 (Regierungsbl. von 1804. Seite 817.) 
in so ferne dieselbe durch gegenwärtige In- 
strukzion keine Modifkazionen erhalten hat, 
in allen ihren Verfügungen bestehen. 
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F. O. B. Ueber die Emscheidungs-Gründe 
in Strafsachen ist zwar in der Verocd- 
nung, die Rechtsmittel in Kriminalsachen 
berreffend, vom 31. Dezember 1808. C. 2. 
(Regierungsbl. von 1809. Stück III. S. ö6.) 
schon die gemessene Vorschrift gegeben, „daß 
asie in bündiger Vollständigkeit die Geschichte 
„des der Beurtheilung vorliegenden Falles, 
„und ausserdem alle die Entscheidung bestim- 
„menden formellen und materiellen Gründe 
„genau entwickeln sollen.“ Allein diese Vor- 
schrift it mehrfältig mißverstanden, und des- 
wegen auch ihrem Sinne zuwider angewender 
worden. Nachstehende Erlduterungen sollen 
die genauere Befolgungl leiten. 
C. 10. a) Die Thatgeschichte soll nach 
jener Verordnung in bündiger Vollständig= 
keit gegeben werden. Sie muß also 
1) zwar vollständig, — aber nicht mit 
Nebenumständen überladen; kurz, — aber 
in ihren wesentlichen Bestandtheilen niche 
mangelhaft, und deutlich, — aber nicht 
weitschweisig seyn. 
2) Die Progzeßgeschichte, welche oft ganz 
vollständig mit eingeflochten wird, kann als 
solche kein Bestandtheil der Thatgeschichee 
seyn. Die Resultate des Prozesses bilden 
die Materialten derselben. Was in einzel- 
nen Fällen aus der Prozeßgeschichte darin 
ausgenommen werden müsse, bleibt der Be- 
urtheilung des Referenten und des Senats 
überlassen. 
3) Auschuldigungen und Inzichten, welche 
nicht einmal zur Untersuchung qualifzirten, 
und wovon im Urtheile keine Erwähnung
	        
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