Full text: Großherzoglich Sachsen Weimar-Eisenachisches Regierungs-Blatt aufs Jahr 1821. (5)

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Dienstempfangenden gestellt war, und daß 
er überhaupt die ärmere Klasse am meisten 
begünstigt. Denn wir müssen wiederholen, 
daß nach der Königl. Sächs. Verfassung nur 
die Personen zum Zwang zu dienen gens- 
thiget sind, welche die Armuth nöthigt, bey 
Fremden Gesinde-Dienste zu nehmen. Kin- 
der, welche ihren eigenen Aeltern dienen, 
sind frey. Da nun aber die Grund-Idee un- 
sers Entwurfs die Loskaufung in Masse ist, 
und nicht gefragt werden soll: sind gerade 
in dem oder jenem Hause für den Augen- 
blick Zwangspflichtige vorhanden? so tritt 
eigentlich die Ablösbarkeit vorzüglich zu Gun- 
sten der Aermern ein. 
Unser Entwurf nimmt ferner im F. VII., 
wo er den Aufwand der Dienstempfangenden 
zu Kapital anschlägt, fünf vom Hundert, 8. 
VIII. aber, wo er die Zinsen der Dienst- 
Pflichtigen von dem ausgemittelten Kapital 
bestimmt, nur vier vom Hundert an. Ferner 
seczt &. V. fest, daß die ausmittelnde Be- 
hörde nie in dem Patrimonial-Gerichte der 
Dienstempfangenden bestehen dürfe, sondern 
daß diese Behörde aus unnbhängigen Staats- 
dienern, namentlich mit aus dem Bezirks- 
landrathe zusammengesetzt sepn solle, von 
welchen wir die billigsten Rücksichten für 
die Armuth mit Gewißheit erwarten dürfen. 
Wir glaubten aber, indem wir in der Wirk- 
lichkeit alles entfernt zu haben meinten, 
was die jeßt gewünschten billigen Rücksich- 
ten au"sschließen könnte, daß wir als Justiz- 
Collegium in einem Gesetzentwurfe, welcher 
die Entschádigung für erworbene Rechte fest- 
setzen soll, deshalb nicht weiter gehen dür- 
fen als geschehen ist, auf der andern Seike 
aber nur feste Grundlinien zu ziehen hätten. 
Da jedoch der von dem getreuen Land- 
tage geußerte Wunsch unter Zahl I. nur 
in allgemeinen Worten die Billigkeit noch 
ausgesprochen haben will, die schon im Gei- 
ste des Gesetzes liegt; so finden Wir auch 
kein, Bedenken, wenn der Schluß des F. VII, 
dahin verändert werden will: 
„Oaher ist von jenem Kapital-Scocke, ded 
in jedem einzelnen Falle nach vorstehen- 
„den Grunosätzen mit msglichster Billig- 
okeit zu ermitteln ist, immer noch ein 
„Viertheil obzuziehen.“ 
11. Weit wichtigere Bedenken aber drin- 
gen sich bey dem 2ten Wunsche des getreuen 
bandtags auf, da er die von dem Landtage 
selbst ubrigens als tichtig anerkannten 
Grundsätze des Enewurfs durchaus erschüt- 
tert. Um dieses darzulegen, mussen wir um 
Erlaubniß bitten, etwas mehr in das Ein- 
zelne zu gehen. Der F. VI. des Entwurfs 
setzt ausdp#cklich fest, daß nur die Dienst- 
empfangenden, deren Rechte auf Dienstzwang 
juridisch festgestellt sind, Anspruch machen 
können auf Ablösung und Entschédigung. 
Es nimmt ferner, F. XII. des Entwurss, 
ein bloßes Leugnen der Zwangsverbindlichkeit 
von Seiten der Dienstpflichtigen schon als 
hinreichend an, den Dienstfordernden zum 
juridischen Beweise der Eristenz der Zwangs- 
Pflichtigkeit zu verweisen, und bis dies ge- 
schehen, kann nicht die mindeste Entschädi- 
gung gefordert werden. 
Sonach hat der Gesetzesentwurf nur mit 
solchen Dienstempfangenden zu thun, deren er- 
worbene Befugniß uber allen Zweifel rechts- 
begrundet vorliegt. Da nun unter hochster 
Genehmigung abgeschlossene Ablösungsver- 
träge wegen Zwangsdienst zwischen Unter- 
thanen und Domäánen-Gütern bereits die von 
uns im Entwurfe benutzten Grundsätze auf- 
gestellt haben, dey denen sich bepyderseitige 
Interessenten wohl befunden; da unz das 
höchste Reseript vom 16ten Februar 1879. 
auf Berücksichtigung dieser Vorgänge ver- 
wieß, so durften wir um so weniger bey 
dem Entwurfe selbst aus den Augen verlie- 
ren, daß er auf Rechtsgrundsäße sich grün- 
den müsse, die weder die Verhältnisse der
	        
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