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der Lehrzeit, Anspruch machen, und ist bas etwa schon zu viel Erhaltene herauszuzahlen
verbunden.
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Braucht der Lehrmeister den Lehrling über die Gebühr zu huslichen und anderen Ar-
beiten, unterweiset er ihn nicht gehörig in dem Handwerke oder der Kunst, oder leistet er
den ihm sonst obliegenden Verbindlichkeiten nicht Genüge: so haben der Lehrling, seine Nel-
tern, oder Vormönder solches bey den Zunftvorstehern vorzustellen, und diese müssen, wenn
die Klage begründet befunden wird, den behrmeister oder Lehrherrn zu glimpfliger Behand-
lung und fleißiger Unterweisung ermahnen.
afern aber seiche Ermahnung nicht fruchtet, oder der Lehrmeister sich gröblicher
Mißhandlungen gegen den Lehrling schuldig macht, oder überhaupt durch Schuld des er-
stern dem Auslernen des Lehrlings Hindernisse in den Weg treten: so erkennet, nach vor-
gängiger Sacheroörterung, die Zunf#obrigkeit den Lehrling für berechtiget, auc der Lehre zu
treten, und die Zunft ist dann verpslichtet, unter Rücksprache mit den Aeltern oder Vor-
mündern des Lehrlings, diesen von dem schuldigen Meister wegzumehmen und auf Kosten
desselben, welchem dafür das bestimmte Lehrgeld überlassen bleibr, bey einem andern Mei-
ster zum Auslernen unterzubringen, wenn nicht die Aeltern oder Vormünder, wos ihnen zu
thun frey steht, die anderweite Unterbringung deo behrlings ohne Zuthun des Lehrmeisters
und der Zunft ubernehmen; und ist im letzten Falle der Lehrmeisier zur Herausgabe des
ganzen Lehrgeldes verpflichtet.
Außerdem verliert der Meister auf ein Jahr lang, und wenn derselbe Fall mit einem
andern Lehrlinge wieder vorkommkt, für immer das Recht, behrlinge zu halten.
5. 48.
Stirbt ein Lehrling während der Lehrzeit, so erhält der Lehrmeister das behrgeld nur
nach Verhältniß der Zeit.
K. 49.
Stirbt der Lehrmeister, bevor die Lehrjahre beendigt sind, oder wird er durch Verfall
der Nahrung am Auslehren verhindert: so ist die Zunft verpflichtet, den Lehrling, nach
genommener Rücksprache der Vorsteher mit den ANeltern oder Vormündern des erstern, bey
einem andern Meister zum Behuf des Tuslernens unterzubringen, und jeder Meister der
Zunft, welcher entweder noch keinen Leyrling, oder doch fur noch einen hinlängliche Arbeit
hat, kann dazu augehalten werden, ohne etwas Mehreres, als das in dem Lehrvertrage
mit dem vorigen Lehrmeister bedungene Lehrgeld, nach Verhältniß des noch ermangelnden
Theiles der Lehrzeit, in Anspruch nehmen zu können. Hat der erste Meister das Lehrgeld
entweder schon ganz, oder doch mehr davon als auf die Zeit, welche der Lehrling bey ihm
gestanden hat, empfangen: so ist derselbe, oder sind dessen Erben, das zu viel Erhaltene an
den Meister, dem der Leyrling zum Auolernen übergeben worden, herauszugeben verbunden.