45.
II. Nech gehöriger Aufrändigung-
Auch in folgenden Fällen kann das Gesinde vor geendigter Dienstzeit, aber
nur nach gehörig (s. 43) erfolgter Aufkündigung seine Entlassung fordern:
1) wenn das Gesinde durch Heirath oder sonst vortheilhafte Gelegenhelt zu Anstellung
eigener Wirthschaft erhält, die durch Aushalten der Dienstzeit ihm entgehen würde,
und es der Herrschaft einen andern guten und tüchtigen Dienstbothen stellt;
2) wenn die Herrschaft, der Erinnerung des Gesindes ungeachtet, den Lohn vier Wo-
chen nach der Verfallzeit noch nicht bezahlt hat;
3) wenn dem Gesinde zur Beköstigung mehrmahls nach einander ganz verborbene, unge-
nießbare oder ungesunde Speisen wissentlich gegeben werden.
Lohn und Kost wird in allen Fällen dieses §. nur bis zum Abzugstage verabreicht.
Das Miethgeld, wenn bergleichen gegeben ist, bleibt in den beyden letzten Fallen dem
Gesinde ganz, in dem ersten Falle hingegen nur nach Verhältniß der Zeit, welche e gi-
dient hat.
V. Titel.
Von den Behörden und dem Verfahren in Gesindesachen.
46.
Zusiändiatelt der Polizey, Beherden als Negel.
Die Handhabung gegemwärtiger Gesindeordnung steyt, ohüe Rücksicht auf Rang
und Stand derer, welche sich gegen dieselbe vergehen und ohne Rücksicht
auf Rang und Stand der Dieustherrschaft, den Orts-Polizev-Behör=
den zu, also den Stadtgerichten, Aemtern, Patrimonial, Gerichten und in den drey Stéd-
ten: Weimar, Eisenach und Jena, den Holizey-Kommissionen.
Auch Streitigkeiten zwischen den Dienstherrschaften und dem Gesinde über den Antritt
eines Dienstes und während der Dauer des durch den Dienstvertrag gestifteten Verhüälenis-
ses sind zunächst aus dem Gesichtöpunkte der polizeylichen Ordnung und Zucht zu beträchten.
Sie sollen in der Regel zu einem prozessualischen Verfahren vor den Justiz= Behörden,
alê solchen, durchaus nicht geeignet seyn.