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Art. 288.
Wird das vorgedachte Versprechen und Leisten höherer Zinsen oder Vor-
theile, als erlaubt ist, dadurch verdeckt, daß der Glaubiger sich größere Sum-
men oder bessere Münzsorten versprechen laßt, als er zu fordern berechtigt ist,
oder dadurch, daß bei Darlehen statt baaren Geldes Staats= oder Kredit-
Papiere oder andere Sachen gegeben werden, oder wird die Ueberschreitung
des Zinsmaßes auf irgend eine andere Art verschleiert, so soll zwar die in dem
Art. 286 geordnete Strafe ebenfalls eintreten; wurde jedoch der wucherliche
Vertrag von dem Gläubiger verschleiert, um den Schuldner zu täuschen, so daß
dieser das wahre Verhältniß der Zinsen oder sonstigen Vortheile zum Kapital
nicht erkennen konnte, so sind gegen den Gläubiger statt der Strafe im Art. 286
die Strafen des einfachen Betruges anzuwenden, und diese Strafen sollen auch
dann eintreten, wenn es sich bei der Tauschung nicht um Benutzung eines Noth-
standes oder Leichtsinnes des Schuldners handelte.
Art. 289.
Wer strafbare wucherliche Geschäfte gewerbsmäßig treibt, soll außer der
verwirkten Geldstrafe noch mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft werden.
Art. 290.
Ist jemand wegen Wuchers bereits einmal bestraft worden und macht
sich dieses Verbrechens wiederholt schuldig, so ist die zu erkennende Geldstrafe
nach Art. 46 zu erhöhen. Daneben soll aber wegen des Rückfalles noch bei
einfachem Wucher auf Gefängnißstrafe und bei gewerbsmäßigem Wucher auf
Gefängniß bis zu zwei Jahren oder Arbeitshaus bis zu zwei Jahren erkannt
werden.
Sechszehentes Kapitel.
Von Verletzungen der Sittlichkeit.
Nothbzucht.
Art. 291.
Wer eine Frauensperson durch Anwendung von Gewalt, welche den Um-
ständen nach nicht abgewendet werden konnte, oder durch Bedrohungen mit
gegenwärtiger Gefahr für Leben oder Gesundheit, zur Duldung außerehelichen
Beischlafes nöthigt, hat drei= bis zehen -jährige Zuchthausstrafe zu verbüßen.