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8) wenn wider die Vorschrift im Art. 255 ein verurtheilendes Erkenntniß
ertheilt, oder in anderen als den im Art. 256 nachgelassenen Faͤllen
auf ein anderes Verbrechen, oder wider eine von dem Ober-Appellations-
Gerichte fruͤher gegebene Entscheidung (Art. 212) erkannt worden ist;
9) bei dem Geschwornengerichte, wenn das Urtheil des Gerichtshofes von
den Aussprüchen der Geschwornen abweicht, ausgenommen den im Art. 295
erwähnten Fall.
III. Nichtigkeitsbeschwerde gegen Endurtheile der
Geschwornengerichte.
Art. 307.
Endurtheile bei einem Geschwornengerichte können blos wegen Nichtigkei-
ten (Art. 306) durch eine an das Ober-Appellations-Gericht gehende Nich-
tigkeitsbeschwerde angefochten werden.
Dieses Rechtsmittel kann nur der Angeklagte oder der Ober-Staatsan-
walt, ein jeder, soweit ihn die vorige Entscheidung berührt, ergreifen. Es ist
bei dem Appellations-Gerichte einzuwenden, innerhalb zehentägiger Nothfeist
vom Tage der Eröffnung des vorigen Urtheiles an, und mit bestimmter An-
fübrung der einzelnen Nichtigkeitsgrunde. Die Einwendung geschieht mündlich
zu Protokoll oder schriftlich; im letzteren Falle ist ein Duplikat beizufügen.
Ist das vorige Urtheil gegen einen abwesenden Angeklagten gefällt wor-
den, so ist demselben das urtheil bei seiner Rückkehr oder Wiedererlangung
mit Belehrung über das zuständige Rechtsmittel zu eröffnen, und die Nothfrist
läuft ihm erst vom Tage dieser Eröffnung an.
Bei Verbrechen, wo ein Privat-Ankläger aufgetreten ist, hat dieser in
Beziehung auf die Nichtigkeitsbeschwerde alle Rechte des Ober-Staatsanwaltes.
Art. 308.
Gegen Versäumnisse an der Nothfrist kann aus erheblichen Entschuldigungs-
gründen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gesucht werden innerhalb drei-
ßig Tagen vom Ablaufe der Nothfrist an. Der Nachsuchende muß innerhalb
dieser Frist zugleich den Entschuldigungsgrund bescheinigen, oder doch Beschei-
nigungsmittel anzeigen. Das Nachsuchen und das Erheben der Bescheinigungs-
mittel geschieht bei dem Appellations-Gerichte, bei welchem die Nichtigkeitsbe-
schwerde einzuwenden ist, und die letztere selbst muß gleich bei dem Nachsuchen
um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit angebracht werden. Die Er-
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