Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierunddreißigster Jahrgang. 1918. Zweiter Teil. (59b)

398 fimland. (Mai 29.—Juli 13.) 
zur Verfügung gestellt haben, beauftragt dieser den Senator Kusti Paasi- 
kivi, eine neue Regierung zu bilden; Staatsminister wird Paasikivi, Kriegs- 
minister Oberst Thesleff, Minister des Auswärtigen Senator Stenroth 
und Minister ohne Portefeuille Sario. Die bisherigen Senatoren bleiben 
alle im Amt. Zugleich wird Landwirtschaftsrat Paloheimo zum Chef des 
Lebensmittelamts ernannt. (Paasikivi ist 48 Jahre alt, Altfinne und war 
früher Generaldirektor der finn. Staatsbahnen. Die Umbildung des Senats 
bedeutet eine ausgesprochene Stärkung des fennomanischen Elementes gegen- 
über dem schwedischen, das nach wie vor nur einen Vertreter in der Re- 
gierung behält.) 
29. Mai. Unterzeichnung des Friedensvertrages zwischen Oster- 
reich-Ungarn und F. in Wien. 
Näh. s. in dem besonderen Abschnitt am Schluß des Kalendariums. 
3. Juni. (Landtag.) Deutsch-finn. Friedensvertrag. 
Der deutsch-finn. Friedensvertrag und das Handels- und Schiffahrts- 
abkommen werden in dritter Lesung einstimmig angenommen. — Die Zahl 
der anwesenden Abg. beträgt 60, d. h. nur etwa Dreifünftel der zurzeit im 
Landtag sitzenden bürgerlichen Vertreter. 
11. Juni. (Landtag.) Verfassungsentwurf. 
Die Regierung legt dem Landtag einen Entwurf über die dem Lande 
zu gebende Verfassungsform vor. Er gleicht in der Hauptsache dem im 
Dez. 1917 (s. Gesch Kal. 1917 Tl. 2 S. 773) vorgelegten Vorschlag, nur ist 
(entsprechend der im Lande vorherrschenden Stimmung) an die Stelle der 
republ. die monarchische Staatsform getreten, und zwar schlägt der 
Entwurf ein unabhängiges, unteilbares und konstitutionelles Königreich vor, 
in welchem die Königswürde erblich sein, die Exekutivgewalt dem König 
zustehen, die gesetzgeberische zwischen diesem und dem Reichstag geteilt sein 
soll. — Die Vorlage wird vom Landtag dem Grundgesetzausschuß zur vor- 
bereitenden Prüfung und Begutachtung überwiesen. In der Debatte sprechen 
sich mit vereinzelten Ausnahmen die Mitglieder der altfinn. und der schwed. 
Partei für die Monarchie aus, diejenigen der jungfinn. Partei und be- 
sonders scharf die Vertreter der Agrarpartei dagegen für die Republik. 
3. Juni. Vertrag mit Deutschland. (S. Tl. 1 S. 202.) 
25. Juni. Austausch der Ratifikationsurkunden zu den am 
7. März zwischen Deutschland und Finnland abgeschlossenen Ver- 
trägen in Berlin. 
13. Juli. (Landtag.) Verfassungsform. 
Der Landtag nimmt die Regierungsvorlage betr. die Einführung 
der Monarchie in zweiter Lesung mit 57 (19 schwed. Volksp., 30 Altfinn., 
5 Jungfinn., 3 finn. Volksp.) gegen 52 (2 schwed. Volksp., 2 Altfinn., 17 
Jungfinn., 2 finn. Volksp., 26 Agrarp., 3 Soz.; die meisten Soz. sind nach 
dem Bürgerkrieg verhaftet worden) Stimmen an. Da die notwendige Zwei- 
drittelmehrheit für die Monarchie nicht vorhanden ist, wird die für den 17. 
angesetzte dritte Lesung (s. u.) der Vorlage um einige Wochen verschoben, um 
den Abg. Gelegenheit zu geben, mit ihren Wählern vor der endgültigen. 
Entscheidung Fühlung zu nehmen. Die Regierung ist entschlossen, die Ein- 
führung der Monarchie zur Kabinettsfrage zu machen, da nach ihrer An- 
sicht allein durch die Einführung der Monarchie die Selbständigkeit des 
Landes verbürgt werden könne; sie müsse daher, wie die Regierung einer 
  
 
	        
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