36 Jos NVeutsche Reich und seine einzelnen GSlieder. (Februar 20. 21.)
Apell an Sie gerichtet habe, den Sie auch heute so warm befürwortet
haben, sich um Mich zu scharen und Meinem Werk zu helfen. wir mit
anderer Hilfe noch weiter kommen werden. Ich denke dabei an die deutschen
Frauen und Jungfrauen. Ich dachte ihrer auf dem Felde von Vionville,
wie fie freudig ihre Söhne, Gatten, ihre Bräutigams dahingegeben haben,
um uns unser Vaterland wieder zu erstreiten. An ihnen ist es, uns neue,
tüchtige Männer heranzuziehen. In unserer Mutter, unserer guten deutschen
Frau liegt eine gewaltige Macht, die niemand zu überwinden vermag.
Möge sie in ihrem Beruf stets dessen eingedenk sein, von welch ungemeiner
Wichtigkeit sie ist und mögen speziell die Märkerinnen dessen stets eingedenk
sein, daß sie uns eine brave, tüchtige Generation junger Märker voll Gott-
vertrauen und Zuversicht heranbilden helfen. Sie aber, Meine Herren, die
Sie hier schlagenden und pochenden Herzens und gehobenen Sinnes ver-
sammelt find, Sie fordere Ich auf, Mir das Gelöbnis zu erneuern. in der
Devise gipfelnd, die auf dem Orden, der zum Andenken Kaiser Wilhelms
gewidmet ist, steht, im Andenken an Kaiser Wilhelm zu wirken, ein jeder
an seinem Fleck, was er sei, ob Abgeordneter, ob Landrat, ob einfacher
Bauer: zu stehen und zu arbeiten für das Wohl unseres Vaterlandes. In
diesem Sinne erhebe Ich Mein Glas und rufe: Die Mark und die Märker,
sie leben hoch! nochmals hoch! und zum dritten Male hoch!"“
20. Februar. (Reichslande.) Der Kaeiser richtet über
Aussetzung der Strafvollstreckung folgenden Erlaß an den Statt-
halter:
„Auf Ihren Bericht vom 31. Januar d. J. ermächtige ich Sie, die
erforderlichen Anordnungen zu treffen, damit solchen zu Freiheitsstrafen
verurteilten Personen, deren Begnadigung bei längerer guter Führung in
Aussicht genommen werden kann, Aussetzung der Strafvollstreckung bewilligt
wird, indem Ich in den dazu geeigneten Fällen demnächst Ihrem Bericht
wegen Erlassung oder Milderung der Strafe entgegensehen will. Von
dieser Ermächtigung soll jedoch vornehmlich nur zu Gunsten solcher erst-
malig verurteilter Personen Gebrauch gemacht werden, die zur Zeit der
That das 18. Lebensjahr nicht vollendet hatten und gegen welche nicht auf
eine längere als sechsmonatige Strafe erkannt ist.
gez. Wilhelm.“
21. Februar. (Wilhelmshaven.) Der Kaiser vereidigt die
Marinerekruten und hält dabei folgende Rede:
„Im Angesichte Gottes und seiner Diener habt Ihr Mir jetzt den Eid
der Treue geleistet, und Ich erwarte von Euch, daß Ihr gute und stramme
Matrosen werdet. Was Ihr gelobt habt, das haltet, denn „ein Mann ein
Wort“. Die Soldaten der Armee haben üöfter Gelegenheit, unter den Augen
ihrer höheren Vorgesetzten zu zeigen, was fie gelernt haben und was sie
leisten können. Dies ist bei der Marine nicht der Fall, weil viele von
Euch Jahre lang im Auslande sein werden. Aber Ihr müßt nicht denken,
daß Ihr dadurch Meinen Augen entrückt seid. Unsere Marine ist im Ver-
hältnis zu anderen Marinen noch klein, im Aufblühen begriffen; aber durch
unsere Disziplin müssen wir stark werden und durch diese zu ersetzen suchen,
was an materiellen Kräften fehlt. Was ist Disziplin? Weiter nichts als
unbedingte Unterordnung des eigenen Willens unter einen höheren. Wenn
auch jeder die Absicht hat, Gutes zu thun, so muß er doch seine Ansicht
unterordnen zum Wohle des Ganzen. Nur durch Zusammenhalten kann
man etwas Ganzes und etwas Großes leisten und eine feste Masse schaffen.“