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lange sie das siebenzigste Jahr nicht zuruͤckgelegt haben, fuͤr erbfaͤhig angenommen, ihre
Curatoren zum Erbschaftsantritte für sie zugelassen, auch die sie betreffenden Erbtheile
ihnen mit vollem Rechte zugeschieden und für sie verwaltet werden, so daß zur Zeir
ihres präsumtiven Todes nicht die Erben des Erblassers, sondern die des Verscholle-
nen sich die Erbschaft zueignen dürfen: wohingegen die hievon abweichenden
Gerichts= und Pupillar-Stellen keinem Verschollenen ein Erbrecht, und keinem Cura-
tor die Fähigkeit, für ihn anzutreten, zugestehen, daher auch nach abgelaufener prä-
sumtiver Lebensfrist nicht die Erben des Verschollenen, sondern die des Erblasserg
zur Vertheilung und vollen Aneignung der Erbsportion des erstern zulassen.
Es wird aber der K. Gerichtshof von selbst bemerken, daß, wie auch die Gründe
für die zuleht angeführte Handlungsweise beschaffen seyn mögen, dennoch die frühere,
allgemein zu einem Gewohnheitsrecht gewordene, und durch die K. General-Verord#2
nung vom 283. Februar 1817 bestätigte Praxis nur durch ein neues Geseß aufgeho-
ben werden kann, und daher, wenn in dem einen Oberamte so, in dem andern
anders gehandelt würde, eine völlige Verschiedenheit bei Behandlung dieser Rechre-
Angelegenheit in mehreren Landestheilen entstehen könnte.
Das K. Ober-Tribunal zweifelt daher nicht, daß bis zur Erscheinung eines neuen
Gesetes der K. Gerichtshof nicht nur in den bei ihm vorkommenden Fällen die alte
Praris befolgen, sondern auch bei den Oberamts= und Amtögerichten auf gleiche
Befolgung sein Augenmerk richten werde; wie dann in dieser Beziehung unverhalten
gelassen wird, daß, wenn solche Fälle im Wege der Appellation oder des Rekurseg
an das K. Ober-Tribunal gelangen sollten, die alten Grundsäßtze bis zu Erscheinung
eines neuen Geseßes stets würden in Anwendung gebracht werden.
10) Erlaß des K. Justiz-Ministerium an den K. Gerichtshof in —
vom 29. Okbtober 1827 Gugleich dem Ober-Tribunal zur Bekanntmachung «
andteubrcgcnGerichtöhöfenntgetl)eklt),,«.,k ,
betreffend: die Befugnig zu zerrigung von Ehevertraͤgen.
Auf den Anfragebericht in Betreff der Befugniß zul Fertigung von Eheverträgen,
welche nicht zugleich die Stelle desl Beibringlus= Intzentars vertreten, wird. dem