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und öffentliches Anklageverfahren der bisherige Prozeßgang wesentlich verbessert, und einer-
seits das Vertrauen auf die Unabhängigkeit des Gerichts und andererseits die Gesetzlichkeit
der Vertheidigung gesichert werden kann; verordnen Wir, auf den Grund des §&. 89 der
Verfassungs-Urkunde, nach Anhsrung Unseres Geheimen Rathes:
Art. 1.
Das in gegenwärtiger Verordnung vorgeschriebene Verfahren findet bei den im Straf-
gesetzbuch verpönten Verbrechen oder Vergehen Statt, welche durch Ausgeben von Druck-
schriften oder von bildlichen auf mechanischem Wege vervielfältigten Darstellungen begangen
werden.
Art. 2.
Auf Preßoergehen finden die Vorschriften über den Zusammenfluß von Verbrechen
(Straf-Gesetzbuch Art. 115—121, Straf-Prozeßordnung Art. 29) keine Anwendung.
Jedes Preßvergehen wird für sich abgeurtheilt und bestraft.
Art. 3.
Die Voruntersuchung wird von dem zuständigen Bezirksgerichte auf Klage des Be-
leidigten, oder bei den von Amtswegen zu verfolgenden Preßvergeben, auf Klage des Staats-
anwalts eingeleitet.
Letzterer kann auch wegen des in seiner amtlichen Stellung angegriffenen öffentlichen
Dieners oder dessen vorgesetzter Stelle (Straf-Gesetzbuch Art. 166) klagend auftreten, wenn
sie ihn dazu auffordern.
Art. 4.
Der Staatsanwalt ist verpflichtet, den Erzeugnissen der Presse seine ununterbrochene
Aufmerksamkeit zuzuwenden, auch einer auf Erhebung oder Fortsetzung der Klage gerichteten
Weisung des K. Justiz-Ministerlums unbevingt Folge zu leisten.
Die Polizeibehörden haben von den Preßvergehen, welche zu ihrer Keuntniß gelangen,
dem Staatsanwalt unverweilt Anzeige zu machen.
Art. 5.
Der Staatsanwalt ist berechtigt, im Lause der Voruntersuchung Anträge zu stellen,
weßwegen das Bezlrksgericht gehalten ist, ihn von der Anbringung der Privakklage zu be-
nachrichtigen.