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Ist das Glaubensbekenntniß des Bräutigams und dasjenige der Braut ein verschiedenes,
so kann die Trauung durch den Gelstlichen des einen oder anderen Theiles vorgenommen
werden.
Die Vorschrift des Religionsediktes vom 15. Oktober 1806, S. VlI. ist aufgehoben.
Im Uebrigen bleibt es begüglich der Frage, welcher Geistliche der betreffenden Kirche für
die Vornahme der Trauung zuständig sei, bei dem bestebenden Recht.
Art. 2.
Ausnahmsweise kann die Ebe, sofern kein in der Staatsgesetzgebung anerkanntes Ehe-
binderniß vorllegt (Art. 4), durch eine Verhandlung vor der bürgerlichen Behörde (Art. 7)
geschlossen werden: 6
1) wenn die Verlobten nachweisen, daß sie sämmtliche Geistlichen, welche nach Art. 1 zu
ihrer Trauung zuständig seyn würden, vergeblich um solche, beziehungsweise um die
Einleitung biezu durch das kirchliche Aufgebot, angegangen haben.
Wenn nach bestehendem Recht das Aufgebot in zwei Kirchen stattzufinden hätte,
und dasselbe zwar von dem einen der betreffenden Geistlichen gestattet, von dem an-
deren aber verweigert wird; so genügt es an der Vollziehung des Aufgebots durch
den Ersteren.
2) Wenn die Verlobten oder Eines von ihnen einer nicht vom Staate als Körperschaft
anerkannten Religionsgesellschaft angehören.
Art. 3.
Geistliche, welche die Vollziehung einer Trauung, beziehungsweise des Aufgebots, ver-
weigern, sind der ansuchenden Partei hierüber auf Verlangen ein schriftliches Zeugniß aus-
zustellen gehalten, in welchem der Grund der Weigerung angegeben ist.
Art. 4.
Bezüglich der Ehehindernisse bleibt es bei dem besiehenden Recht, jedoch mit der Aus-
nahme, daß von dem GEhehindernisse der Schwägerschaft im ersten und zweiten Grade der
Seitenlinie, sowie der Verwandtschaft im zweiten Grade der Seitenlinie landesherrliche Dispen-
sation auch da eintreten kann, wo solche bisher ausgeschlossen war.