Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1868. (45)

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Art. 101. 
In oberamtsgerichtlichen Strafsachen beschließt der Untersuchungsrichter unabhängig 
von der Staatsanwaltschaft über die Erlassung und die Zurücknahme von Haftbefehlen. 
Erscheint demselben der Antrag eines Verhafteten auf Freilassung ohne oder gegen 
Sicherheitsleistung (Art. 114 und 121 Ziff. 1) nicht begründet und erhebt Letzterer Be- 
schwerde, so ist diese der Entscheidung des Oberamtsgerichts zu unterstellen, falls nicht 
demnächst (vergl. Art. 102) das Endurtheil erfolgen kann. 
Art. 102. 
Die Raths= und Anklagekammer und die Oberamtsgerichte haben, erstere in den 
in Art. 98— 100 bezeichneten Fällen, letztere, soweit ihnen die Beschlußnahme zusteht 
(Art. 101), längstens binnen 3 Tagen, nachdem sie angegangen worden, zu verfügen. 
Art. 103. 
Der Zeitpunkt der Haftnahme und der Zustellung des Haftbefehls ist zu Protokoll 
zu bemerken. 
Art. 104. 
Der Untersuchungsrichter hat in allen, auch den oberamtsgerichtlichen, Strafsachen 
die Verhängung und die Aufhebung der Haft der vorgesetzten Raths= und Anklage- 
kammer binnen 3 Tagen anzuzeigen. 
Art. 105. 
Nachdem der Beschuldigte vor ein erkennendes Gericht verwiesen ist, kann die Er- 
lassung eines Haftbefehls ebenso wie, die in Art. 121, Ziff. 2, 3 bemerkten Fälle aus- 
genommen, die Freilassung vor der Entscheidung in der Hauptsache nur auf den Grund 
neu hervorgetretener Umstände von dem erkennenden Gericht, in schwurgerichtlichen Straf- 
fällen auch von der Raths= und Anklagekammer beschlossen werden. 
Behandlung der Antersuchungsgefangenen. 
Art. 106. 
Untersuchungsgefangene sollen keine größeren Beschränkungen erleiden, als der Zweck 
erfordert, sich ihrer Person zu versichern, oder für die Untersuchung nachtheilige Verab- 
redungen zu hindern. 
Dieselben sind in Einzelhaft zu halten. 
Sollten die Räumlichkeiten dieß nicht erlauben oder in der Persönlichkeit eines Ge- 
fangenen Bedenken sich ergeben, so dürfen keinenfalls Personen verschiedenen Geschlechts, 
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