Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1882. (59)

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8. 9. 
In solchen Fällen hat der Leichenschauer vor Allem, wofern er nicht selbst Arzt 
oder Wundarzt ist, den nächsten Arzt oder Wundarzt zu berufen, bis zur Ankunft eines 
solchen aber die ersten Wiederbelebungsmaßregeln anzuwenden und wenigstens 1—2 Stun- 
den in angemessener Weise fortzusetzen. Falls diese fruchtlos bleiben, muß er für Ab- 
haltung alles dessen Sorge tragen, was dem Wiederaufleben hinderlich sein könnte. 
8. 10. 
Die anzustellenden Wiederbelebungsversuche haben den Zweck, die Athmung und 
den Blutkreislauf wieder in Gang zu bringen. Der Leichenschauer hat hiebei Folgendes 
zu beachten: 
1) Grundbedingung für die Herstellung der Athmung ist der Zutritt reiner frischer 
Luft zu den Lungen. Der Scheintodte ist daher, wenn auf ihn Ofendampf, Leuchtgas 
oder andere schädliche Luftarten eingewirkt haben, aus den betreffenden Räumen schleunigst 
zu entfernen. Bei Erhängten oder Erdrosselten ist sofort der den Hals einschnürende 
Gegenstand loszuschneiden und es sind alle beengenden Kleidungsstücke um den Hals und 
die Brust zu öffnen. Ertrunkene sind, indem man ihnen einen Arm unter die Stirne 
legt, auf einige Minuten auf's Gesicht zu legen, damit sich aus Mund und Nase das 
darin befindliche Wasser, Schlamm u. s. w. entleeren kann. Die weiteren Belebungs- 
versuche sind sodann wenn thunlich im Freien, zum mindesten aber bei geöffneten Fen- 
stern unter Fernhaltung müßiger, den Raum beengender und den Luftzutritt hemmender 
Zuschauer vorzunehmen. 
2) In allen Fällen sind sodann künstliche Athembewegungen einzuleiten. Zu diesem 
Behuf ist der Scheintodte in die Rückenlage mit etwas erhöhtem Kopfe und Oberkörper 
und mäßig gegen den Bauch angezogenen Oberschenkeln zu bringen, um die Bauchdecken 
zu erschlaffen. Sodann hat der Leichenschauer durch seine eigenen flach auf die Gegend 
über dem Nabel aufgedrückten Hände den Unterleib des Scheintodten kräftig so zusam- 
menzudrücken, daß die Luft mit hörbarem Geräusch aus Mund und Nase austritt. Ist 
dieß der Fall, so muß plötzlich mit dem Drucke nachgelassen werden, wodurch der Wie- 
dereintritt der Luft in die Lungen von selbst stattfindet. Dieses abwechselnde Drücken 
und Nachlassen ist 15—20 mal in der Minnte zu wiederholen und mit Ausdauer mög- 
lichst lange forlzusetzen. Besonders bei Ertrunkenen ist es zweckmäßig, den Körper auf
	        
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