Das Denisqhe Reih und seine einzelnen Glieder. (Januar 21.22.) 15
pünktlich und zuverlässig. Ferner haben wir die Linie von Köln und
Aachen nach Brüssel hergestellt, die weiter nach Berlin ausgedehnt werden
kann. Das ist Sache der Beobachtung, wie der Verkehr sich entwickeln
wird; die Drähte haben wir bereits angelegt. Endlich schwebt das inter-
essante Projekt, die Verbindung mit Amsterdam; diese soll von Berlin,
Hambung und Bremen zunächst hergestellt werden.. Endlich haben wir in
der neueren Technik die Nohrpost, eingerichtet seit 1877 in Berlin, zum
Teil in Frankfurt a. M. und in Hamburg. Im ersten Jahre wurden in
Berlin 1324000 Stück durch Rohrpost, also unter den Straßen, befördert,
jetzt 5 335 123, also eine sehr erfreuliche Entwicklung trotz Telephon und
Ermäßigung der Stadttelegraphengebühr. Alle Erfindungen werden beie
uns ganz genau geprüft auf jeglichem Gebiet des Transports, dem posta-
lischen, telegraphischen — der Gedankeneisenbahn, wie ich die Telegraphen
nennen möchte . Im Jahre 1870 zählten wir 42000 Beamte, jetzt beschäf-
tigen wir deren 155.000. Für das Personal der Postverwaltung ist außer-
ordentlich viel geschehen; ich erinnere an die wiederholte Erhöhung der
Besoldungen, namentlich der Unterbeamten. An Wohnungsgeldzuschuß
werden 15 ½ Millionen gezahlt. Die etatsmäßigen Stellen sind erheblich
vermehrt worden. Es hat eine ausgiebige Verkürzung der diätarischen
Dienstzeit stattgefunden und eine Erleichterung in den Dienststunden. Der
Unterstützungsfonds ist erhöht worden, und Spar= und Vorschußvereine
und andere gemeinnützige Maßregeln find getroffen worden. . Die Zahl
der Briefe ist von 327 auf 2000 Millionen gestiegen, und die der Post-
karten von 7 auf 443 Millionen. Der Verkehr mit dem Auslande ist
von 68 auf 530 Millionen Sendungen gestiegen. Die Zahl der Postpackete
betrug bei uns 1870 20 Millionen, jetzt beträgt sie 132 Millionen, und
diese Einrichtung kommt hauptsächlich dem kleinen Handwerker und insbe-
sondere der Landwirtschaft bei der Versendung von Molkereiprodukten u. s. w.
zu Gute. Der postalische Geldverkehr ist ungeheuer gestiegen, wobei sich
nur etwa der zehnte Teil ziffernmäßig nachweisen läßt, da viele Geldsendungen
nicht deklariert werden. Besonders popularisiert hat sich der Telegramm-
verkehr; er ist von 7 auf 53 Millionen Telegramme gestiegen. Davon
entfallen 34 pCt. auf geschäftliche, 10 pCt. auf Staatsdepeschen und die
übrigen 56 pCt. auf den Kleinverkehr. Die Einnahmen der ganzen Ver-
waltung betrugen 1870 66 Millionen mit 6 Millionen Reinüberschuß, heute
find es 234 Millionen mit 25 / Millionen Reinüberschuß.
Abg. Singer (Soz.) fordert bessere Besoldung und Entlastung der
Postbeamten, Beseitigung der Doppelbriefe, Ermäßigung der Telephonge-
gebühren, Einführung der Kartenbriefe und tadelt die Maßregelung des
Postassistentendverbandes. — Am folgenden Tage wird eine Resolution auf
Beschränkung des Packetverkehrs an Sonntagen einstimmig genehmigt.
21./22. Januar. (Preußischer Landtag.) Etat. Verhält-
nis zwischen Reich und Einzelstaaten; polnische und katholische
Beschwerden; Konversion.
Abg. Richter (frs. Vp.) greift den Finanzminister Migquel, dessen
Schätzungen irrig seien, scharf an. Er gebe zu viel aus für Militär= und
Kirchenwesen, zu wenig für die eigentlichen Aufgaben des Staates, wie für
die Vermehrung der Richterstellen und öffentliche Gesundheitspflege, ferner
sei das Entgegenkommen gegen die Agrarier tadelnswert. Finanzminister
Dr. Miquel: Abg. Richter habe nie eine Stener bewilligt, habe also kein
Recht zu klagen über die Vernachlässigung der Kulturaufgaben. Die Aus-
gaben für Schulen seien viel mehr gestiegen als die Aufwendungen für die