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Ausnahmen gestatten. Auch ist es in sein Ermessen gestellt, wofern der Gefangene durch sein Ver-
halten einer solchen Begünstigung sich nicht unwürdig zeigt, eine größere Zahl von Besuchen und
von brieflichen Mittheilungen während eines Jahres zuzulassen. Andererseits steht dem Vorstand
die Befugniß zu. nicht nur die Erlaubniß zum Besuche eines Gefangenen aus triftigen Gründen
zeitlich zu verweigern, sondern auch zur Strafe für den Gefangenen die Erlaubniß zum persönlichen
und schriftlichen Verkehr nach außen zu beschränken oder auf bestimmte Zeit gänzlich zu entziehen.
S. 31.
Die Gefangenen sind nach der aus der Art und den Umständen des Vergehens, sowie aus
dem früheren Lebenswandel der Gefangenen sich ergebenden Grade der sittlichen Verschuldung oder
Verdorbenheit und in Rücksicht ihres Betragens in der Strafanstalt in zwei Klassen einzutheilen.
In die erste Klasse können sogleich nach der Einlieferung nur diejenigen gesetzt werden, welche
im Allgemeinen ein gutes Prädikat haben und im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte sind. Alle
übrigen dürfen erst nach erprobtem Wohlverhalten in der Strafanstalt in die erste Klasse vorgerückt
werden.
Die Zurückversetzung in die zweite Klasse kann wegen übeln Betragens in der Strafanstalt zu
jeder Zeit verfügt werden.
§. 32.
Ueber die Aufnahme und Versetzung in die eine oder die andere Klasse entscheidet der Vorstand.
Die über die Versetzungen getroffenen Verfügungen sind in der Beamtenkonferenz mitzutheilen.
g. 38.
Das Verhalten der Gefangenen, sowie die Reihenfolge ihrer täglichen Verrichtungen ist in be-
sonderen Hausregeln (Beilage Nro. I) und in einer speciellen, von dem Vorstand zu entwerfenden
Tagesordnung vorgeschrieben. Diese Vorschriften sind in allen Arbeitszimmern anzuheften und
vierteljährlich zu verlesen.
S. 34.
Die näheren Bestimmungen über die amtlichen Obliegenheiten des Beamten= und Aussichts-
personals der Strafanstalten sind in besonderen Dienstvorschriften enthalten. Ebenso bestehen für
die Obleute, Krankenwärter und Hofschäffer besondere Vorschriften.
F. 35.
Der Gefangene hat als Ersatz der Kosten des Strafvollzugs die auf Grund der hierüber maß-
gebenden Verfügungen festgesetzten Beträge zu entrichten, wenn er durch sein Vermögen oder seinen
Erwerb im Stande ist, dieselben bezahlen zu können, ohne daß er oder seine Familie Noth leiden müßte.
(Zu vergl. Verfügung des Justizministeriums vom 29. Juni 1875, Reg. Blatt S. 391.)