Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1899. (76)

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Dem auf schmale Kost Gesetzten wird ein abgesondertes Lokal zum Arbeiten und Essen, wenigstens 
aber ein abgesonderter Platz beim Essen, so daß er an dem Essen der Uebrigen nicht Theil nehmen 
kann, angewiesen. 
§. 72. 
Die einsame Haft kann von dem Vorstand der Strafanstalt auf die Dauer eines Monates, 
von dem Strafanstaltenkollegium auf die Dauer von sechs Wochen verfügt werden. 
Dieselbe wird im hellen Arrestzimmer vollzogen und verpflichtet zur Arbeit. Sie kann jedoch 
auf die Dauer einer Woche durch Versagung der Arbeit oder Anweisung einer minder bequemen 
Lagerstätte geschärft werden. 
Der Gefangene ist von dem Besuche des Gottesdienstes und des Unterrichts ausgeschlossen und 
mird zum Genuß der freien Luft nur insoweit, als es der Hausarzt für nothwendig erachtet, und 
nie in Gesellschaft anderer Gefangenen zugelassen. 
S. 73. 
Die Dunkelhaft wird in dem hiezu eingerichteten Arrestlokale mit Entziehung der Lagerstätte 
vollzogen. Arbeit findet hier nicht statt. 
S. 74. 
Zur augenblicklichen Bewältigung thätlichen Widerstands, sowie zur Sicherung, kann, sofern 
andere Mittel nicht ausreichen, die Zwangsjacke oder die Fesselung angewendet werden. 
8. 76. 
Der Erlassung einer Disciplinarstrafverfügung muß ein summarisches Verfahren vorausgehen, 
in welchem dem Gefangenen über die ihm zur Last gelegte Verfehlung sich zu verantworten Gelegen- 
heit gegeben wird. 
Dem Ermessen des Vorstandes, bezw. des Strafanstaltenkollegiums bleibt überlassen, von den 
Disciplinarstrafen diejenige in Anwendung zu bringen, welche bei Inbetrachtnahme der Umstände der 
Verfehlung und mit Rücksicht auf den Grad des Verschuldens und die Sinnesart des Straffälligen 
als die angemessene erscheint. 
Es können auch Strafmittel miteinander verbunden werden. 
Ueber die Anwendbarkeit einer Strafe, welche auf die Gesundheit des Gefangenen von Einfluß 
sein kann, jedenfalls aber der in §§. 71—73 aufgeführten Strafmittel muß vor der Einleitung des 
Strafvollzugs der Hausarzt vernommen werden. In Fällen, in welchen die Strafeinschreitung keinen 
Aufschub erleidet, muß das Gutachten des Hausarztes sobald als thunlich nachträglich während des 
Strafvollzugs eingeholt werden. 
8. 76. 
Die Gefangenen können zwar gegen die von dem Vorstande ihnen zuerkannten Strafen, wie 
gegen dessen Versügungen überhaupt, nach Maßgabe des 8. 24 bei dem Strafanstaltenkollegium sich 
beschweren, und es steht den Gefangenen gegen dessen Entscheidungen, wie auch gegen eine von dem 
Strafanstaltenkollegium erlassene Strafverfügung die Beschwerde an das Justizministerium zu. Die 
Erhebung einer Beschwerde hält jedoch den Strafvollzug nicht auf.
	        
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