Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 31 (31)

qualifiziert, sofern sie diese Verhältnisse zu sich in Relation 
setzt. Wenn ich von irgendeinem Verhältnisse aussage: es ist 
ein Rechtsverhältnis, von irgendeinem Tatbestande: er ist 
Recht oder Unrecht, so hat solches Urteil den gleichen logi- 
schen Charakter wie jenes, das irgendein menschliches Ver- 
halten als gut oder böse, irgendeinen Gegenstand als schön 
oder häßlich bezeichnet: es hat zum Gegenstand das Verhältnis 
des Objektes, d. h. des Verhältnisses, des Tatbestandes, der 
Handlung, des Gegenstandes, zu einer Norm, ist ein Wert- 
urteil, kein Wirklichkeitsurteil! Das Urteil, 
das irgendeine menschliche Beziehung als Rechtsverhältnis er- 
klärt, spricht die Relationsmöglichkeit dieses Tatbestandes zur 
Rechtsordnung aus, das Urteil, das einen Tatbestand als ‚Recht‘, 
einen andern als „Unrecht“ erklärt, spricht ein positives oder 
ein negatives Werturteil, spricht aus, daß der eine Tatbestand 
der Rechtsnorm entspricht, der andere der Rechtsnorm wider- 
spricht; genauso wie ‚gut‘ und ‚schön‘ die Uebereinstimmung 
mit einer Moralnorm, resp. einer ästhetischen Regel, ‚böse‘ 
und ‚„häßlich“ die Diskrepanz der Wirklichkeit, der Realität, 
mit der Norm, der Idealität zum Ausdruck bringt. Es ist einer 
der primitivsten Denkfehler, die Realität mit der Idealität zu 
verwechseln, etwas, was nur Eigenschaft eines Wirklichen, 
dessen Relation zur Norm bedeutet, mit dem Wirklichen zu 
identifizieren. Wenn man als Rechtsverhältnis die faktischen, 
zwischen den Menschen bestehenden Beziehungen erklärt, die 
durch die Rechtsordnung geregelt werden, so ist das ein Schul- 
beispiel für die unzulässige Verwechslung eines Werturteils mit 
einem Wirklichkeitsurteil. Wenn man im Bereiche der Ethik 
und Aesthetik und aller anderen normativen Disziplinen einen 
Fehler längst vermeidet, der auf dem Gebiete rechtswissen- 
schaftlicher Arbeit scheinbar zum eisernen Bestand der Theorie 
gehört, so ist das offenbar nur darauf zurückzuführen, daß hier
	        
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