Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1908. (85)

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9 15. 
Die Behörden sollen den Entlassenen mit ihrem Rat unterstützen und ihm erforder- 
lichenfalls zu seinem Fortkommen behilflich sein. 
Eine überwachung soll in solcher Weise stattfinden, daß der Entlassene nicht hoffen 
kann, ein Mißbrauch des bei der Entlassung in ihn gesetzten Vertrauens würde unentdeckt 
bleiben. Keinesfalls darf der Entlassene durch die überwachung in seinem ehrlichen 
Fortkommen gehindert oder in beschämender Weise bloßgestellt werden. Die mit der 
überwachung und mit der Meldung etwaiger Ordnungswidrigkeiten beauftragten unteren 
Polizeiorgane haben diese Aufgabe in tunlichst schonender Form zu erfüllen und sich 
jeder Aufsehen erregenden Beaufsichtigung, durch Nachfragen an der Arbeitsstätte u. dergl., 
wenn es irgend angeht, zu enthalten. 
Im einzelnen richten sich die für den Zweck der überwachung oder im Interesse der 
öffentlichen Sicherheit oder des Entlassenen zu treffenden Maßregeln nach der Lage des 
Falles. Unter Umständen kann dem Entlassenen das Betreten einzelner bestimmter 
Häuser, Plätze, Gemeinden oder Bezirke untersagt, auch ihm aufgegeben werden, von Zeit 
zu Zeit sich persönlich zu melden und über seine Lebensweise und Erwerbsverhältnisse 
Auskunft zu geben. Die Auferlegung derartiger besonderer Beschränkungen oder Ver- 
pflichtungen soll aber nur aus dringenden Gründen geschehen; sie erfolgt mittels proto- 
kollarischer Eröffnung an den Entlassenen. 
In geeigneten Fällen kann die unmittelbare Führung der Aufsicht einer Vertrauen 
verdienenden Privatperson übertragen werden. 
Veränderung des Aufenthalts. 
§ 16. 
Zu einer vorübergehenden Entfernung aus dem ihm angewiesenen Aufenthaltsort 
hat der Entlassene Erlaubnis einzuholen, wenn die Abwesenheit über 48 Stunden dauern 
soll. Bis zu einer Dauer von drei Wochen wird die Erlaubnis von der Polizeibehörde, 
bei längerer Dauer von dem Amtsgericht erteilt. 
Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn Grund zu der Besorgnis vorhanden ist, daß 
der Entlassene die Vergünstigung zu Gesetzesübertretungen mißbrauchen oder dadurch einer 
ungeordneten Lebensweise zugeführt werden würde.
	        
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