Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1875. (9)

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§. 76. 
In streitigen Ehe- und Verlöbnißsachen sind die bürgerlichen Gerichte aus- 
schließlich zuständig. Eine geistliche oder eine durch die Zugehörigkeit zu einem 
Glaubensbekenntniß bedingte Gerichtsbarkeit findet nicht statt. 
§. 77. 
Wenn nach dem bisherigen Rechte auf beständige Trennung der Ehegatten 
von Tisch und Bett zu erkennen sein würde, ist fortan die Auflösung des Bandes 
der Ehe auszusprechen. 
Ist vor dem Tage, an welchem dieses Gesetz in Kraft tritt, auf beständige 
Trennung von Tisch und Bett erkannt worden, so kann, wenn eine Wieder- 
vereinigung der getrennten Ehegatten nicht stattgefunden hat, jeder derselben auf 
Grund des ergangenen Urtheils die Auflösung des Bandes der Ehe im ordent- 
lichen Prozeßverfahren beantragen. 
§. 78. 
Ehestreitigkeiten, welche in Bayern vor dem Tage, an welchem dieses Gesetz 
daselbst in Kraft tritt, durch Zustellung des Beschlusses über Zulässigkeit der 
Klage anhängig geworden sind, werden von dem mit der Sache befaßten Gericht 
bis zur rechtskräftigen Entscheidung nach Maßgabe der bisher geltenden Gesetze, 
durchgeführt. 
Daselbst kann die Auflösung der Ehe auf Grund eines die beständige 
Trennung von Tisch und Bett verfügenden Urtheils geltend gemacht werden, 
nachdem das Gericht auf Anrufen eines Ehegatten in dem nach Artikel 675 
Absatz 1 und 2 der Prozeßordnung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten vom 
29. April 1869 vorgesehenen Verfahren die Auflösung des Bandes der Ehe aus- 
gesprochen hat.  
Das Verfahren in streitigen Ehesachen richtet sich in Bayern in den rechts- 
rheinischen Gebietstheilen nach den Bestimmungen des Hauptstückes XXVI. der 
genannten Prozeßordnung,  in der Pfalz nach den Bestimmungen des Artikels 69 
des Gesetzes über die Einführung dieser Prozeßordnung. 
§. 79. 
Dieses Gesetz tritt mit dem 1. Januar 1876 in Kraft. Es bleibt den 
Landesregierungen überlassen, das ganze Gesetz oder auch den dritten Abschnitt 
und §. 77 im Verordnungswege früher einzuführen. 
§. 80. 
Die vor dem Tage, an welchem dieses Gesetz in Kraft tritt, nach den 
Vorschriften des bisherigen Rechts ergangenen Aufgebote behalten ihre Wirksamkeit. 
§. 81. 
Auf Geburts- und Sterbefälle, welche sich vor dem Tage, an welchem 
dieses Gesetz in Kraft tritt, ereignet haben, an diesem Tage aber noch nicht ein- 
getragen sind, findet das gegenwärtige Gesetz mit der Maßgabe Anwendung,
	        
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