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Jeder Theil hat die Entscheidung des Seemannsamts einstweilen zu be-
folgen, vorbehaltlich der Befugniß, seine Rechte vor der zuständigen Behörde
geltend zu machen.
Im Falle eines Zwangsverkaufs des Schiffes finden die Vorschriften des
Abs. 1 auf die Geltendmachung der Forderungen des Schiffsmanns aus dem
Heuervertrage keine Anwendung.
§. 130.
Im Inlande wird der Streit zwischen dem Kapitän und dem Schiffs-
manne, welcher nach der Anmusterung über den Antritt oder die Fortsetzung des
Dienstes entsteht, von dem Seemannsamt, in dessen Bezirke das Schiff liegt,
unter Vorbehalt des Rechtswegs entschieden.
§. 131.
Die nach den §§. 129, 130 getroffene Entscheidung des Seemannsamts
steht einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Urtheile gleich. Der Ertheilung
der Vollstreckungsklausel bedarf es nicht. Ist die zuständige Behörde angerufen
oder der Rechtsweg beschritten, so findet §. 707 der Civilprozeßordnung ent-
sprechende Anwendung.
§. 132.
Die nach den Vorschriften des fünften Abschnitts festgesetzten oder erkannten
Geldstrafen fließen der Seemannskasse und in Ermangelung einer solchen der
Ortsarmenkasse des inländischen Heimathshafens des Schiffes, welchem der
Thäter zur Zeit der Begehung der strafbaren Handlung angehörte, zu, insofern
sie nicht im Wege der Landesgesetzgebung zu anderen ähnlichen Zwecken bestimmt
werden. In Ermangelung eines inländischen Heimathshafens tritt an dessen
Stelle der inländische Registerhafen; fehlt es auch hieran, so erfolgt die Be-
stimmung durch den Reichskanzler.
§. 133.
Ein Abdruck dieses Gesetzes, der für das Schiff über Kost und Logis
geltenden Vorschriften (§. 56) und einer amtlichen Zusammenstellung der Be-
stimmungen über die Militärverhältnisse der seemännischen und halbseemännischen
Bevölkerung (§. 7) sowie eine Abschrift der in der Musterrolle enthaltenen Be-
stimmungen des Heuervertrags einschließlich aller Nebenbestimmungen müssen im
Volkslogis zur jederzeitigen Einsicht der Schiffsleute vorhanden sein.
§. 134.
Die Anwendung des §. 1 Abs. 2, des zweiten Abschnitts, der §§. 36, 43,
44, des §. 49, der §§. 59 bis 64, des §. 65 Abs. 2, 3 und des §. 133 auf
kleinere Fahrzeuge (Küstenfahrer u. s. w.) kann durch Verordnung des Bundes-
raths ganz oder theilweise ausgeschlossen werden. Die Verordnung ist dem
Reichstage bei seinem nächsten Zusammentritte zur Kenntnißnahme vorzulegen.