Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1904. (38)

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IV. Bekämpfung des Aussatzes (Lepra). 
1. Zu § 12. Als ansteckungsverdächtig sind solche Personen zu betrachten, 
bei welchen Krankheitserscheinungen zwar nicht vorliegen, jedoch die Besorgnis 
gerechtfertigt ist, daß sie den Ansteckungsstoff des Aussatzes aufgenommen haben. 
Insbesondere trifft dies zu bei solchen Personen, welche mit Aussätzigen in 
Wohnungsgemeinschaft leben oder gelebt haben. 
Ansteckungsverdächtige Personen sind einer Beobachtung zu unterwerfen, 
welche nicht länger als fünf Jahre, gerechnet vom Tage der letzten Ansteckungs- 
gelegenheit, dauern soll. Die Beobachtung hat darin zu bestehen, daß der 
beamtete Arzt von Zeit zu Zeit (in der Regel alle sechs Monate) in schonender 
Form, nötigenfalls durch Untersuchung den Gesundheitszustand der betreffenden 
Personen feststellt. 
2. Zu § 14. Am Aussatz erkrankte oder krankheitsverdächtige Personen 
sind ohne Verzug unter Beobachtung der Bestimmungen im § 14 Abs. 2 und 3 
des Gesetzes abzusondern. Als krankheitsverdächtig sind solche Personen zu be- 
trachten, welche unter Erscheinungen erkrankt sind, die den Ausbruch des Aus- 
satzes befürchten lassen. 
Die Absonderung hat derart zu erfolgen, daß der am Aussatz Erkrankte 
oder Krankheitsverdächtige ein besonderes Schlafzimmer und ein besonderes Bett 
zur Verfügung hat, auch in Räumen wohnt, die nicht von anderen als den 
zum Umgange mit ihm zugelassenen Personen (Angehörigen, Pflegern) benutzt 
werden. Die Unterbringung mehrerer Aussätziger in einem Raume ist zulässig. 
Die dem Kranken oder Krankheitsverdächtigen zur Verfügung stehenden Gebrauchs- 
gegenstände (Wäsche, Kleider, Schuhzeug, Wasch-, Rasier-, Eß= und Trink- 
geschirr, Bücher, Musikalien usw.) dürfen nur von diesem allein benutzt werden 
und müssen als für den ausschließlichen Gebrauch des Kranken bestimmt kenntlich 
gemacht sein. 
Aussätzigen und Krankheitsverdächtigen ist der Besuch von öffentlichen 
Badeanstalten, Barbier= und Frisiergeschäften, Schulen und dergleichen zu unter- 
sagen. Ferner ist solchen Aussätzigen, welche deutliche Zeichen des Leidens auf- 
weisen, oder deren Absonderungen Leprabazillen enthalten, der Besuch von Wirt- 
schaften, Theatern und dergleichen sowie die Benutzung der dem öffentlichen 
Verkehre dienenden Beförderungsmittel (Droschken, Straßenbahnwagen und der- 
gleichen) zu verbieten. 
Aussätzigen, welche nach der Art ihrer Krankheitserscheinungen als eine 
besondere Gefahr für die Weiterverbreitung des Aussatzes nach dem Gutachten 
des beamteten Arztes anzusehen sind, ist jeder Verkehr an öffentlichen Orten 
(Straßen usw.) zu untersagen. 
Es ist Vorsorge zu treffen, daß Aussätzige und Krankheitsverdächtige keine 
Beschäftigung ausüben, bei welcher sie mit anderen nicht aussätzigen Personen
	        
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